Neubewertung der AfD Staatsrechtler: Neubewertung der AfD öffentlich machen
Muss sich das Bundesamt für Verfassungsschutz mit Äußerungen zu Parteien, die unter Extremismus-Verdacht stehen, zurückhalten, wenn Wahlen anstehen? Staatsrechtler Battis sieht das nicht so.
Der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis sieht in der vorgezogenen Bundestagswahl keinen Grund, eine ursprünglich zur Veröffentlichung in diesem Jahr angekündigte Neubewertung der AfD zurückzuhalten. „Das Bundesamt für Verfassungsschutz muss seine Einschätzung der AfD zeitnah öffentlich machen“, sagte der Jurist der Deutschen Presse-Agentur. Auf Nachfrage erklärte er, damit sei durchaus ein Termin vor der für den 23. Februar 2025 geplanten Neuwahl gemeint.
Aus Sicherheitskreisen hieß es in der vergangenen Woche, aufgrund der vorgezogenen Neuwahl werde die angekündigte Neubewertung der AfD durch den Verfassungsschutz erst nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr abgeschlossen werden. Begründet wurde dies damit, dass im Umfeld von Wahlen hier Zurückhaltung geboten sei. Die Beobachtung der Partei als rechtsextremistischer Verdachtsfall werde aber fortgesetzt.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser beabsichtigt, sich in der Sache zurückzuhalten. „Ich habe immer gesagt, ich mische mich in diese Fragen nicht ein, weil ich immer wollte, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz selbstständig diese Fragen mir vorlegt“, sagte die SPD-Politikerin am Rande einer Konferenz in Magdeburg auf Nachfrage. „Mir ist wichtig, politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz zu vermeiden.“
Haldenwang hatte Informationen noch vor Jahresende in Aussicht gestellt
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, hatte im Oktober angekündigt: „Mit einer Entscheidung wird noch in diesem Jahr zu rechnen sein.“ Damals war man allerdings noch von einem Wahltermin im nächsten September ausgegangen. Inzwischen führt Haldenwang den Inhaltsgeheimdienst nicht mehr. Grund dafür ist, dass er bei der Bundestagswahl für die CDU kandidieren will.
Im Mai hatte das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass der Verfassungsschutz die AfD zu Recht als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft hat, was den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wie Observation erlaubt. Der Rechtsstreit geht noch weiter. Theoretisch sind drei Szenarien denkbar: Entweder hat sich der Verdacht der Verfassungsschützer nicht bestätigt, dann würde der Inlandsnachrichtendienst die Beobachtung der AfD als Verdachtsfall beenden. „Ich halte diese Variante für äußerst unwahrscheinlich“, sagte Haldenwang im Oktober.
Oder der Verdacht bestätigt sich. Das hätte dann eine Einstufung der Gesamtpartei als gesichert extremistische Bestrebung zur Folge. Möglich wäre aber auch eine weitere Beobachtung als Verdachtsfall mit einer entsprechenden Begründung - etwa falls sich aufgrund noch nicht abgeschlossener interner Vorgänge in der Partei nicht klar sagen lässt, in welche Richtung sich die AfD entwickelt.
Bei der anstehenden Neubewertung gehe es nicht um Öffentlichkeitsarbeit der Regierung im Wahlkampf, sondern um den gesetzlichen Auftrag des Verfassungsschutzes, sagte Battis. Teil dieses Auftrages sei es, die Öffentlichkeit über extremistische Bestrebungen und Tätigkeiten zu informieren. „Das Gesetz räumt der Behörde bei der Erfüllung des gesetzlichen Auftrages kein Ermessen ein“, fügte er hinzu.