Berlin (dpa)
Laschet will weiter nach Afghanistan abschieben
Die Lage in Afghanistan spitzt sich nach Abzug der internationalen Truppen weiter zu. Kanzler-Kandidat Laschet will dennoch an der Abschiebung von straffällig gewordenen Flüchtlingen festhalten.
CDU-Chef Armin Laschet (CDU) hat sich dafür ausgesprochen, Straffällige auch weiterhin nach Afghanistan abzuschieben.
„Wir beobachten die Situation in Afghanistan sehr genau. Den Vormarsch der Taliban und die Folgen für die Bevölkerung können wir nicht ignorieren. Die Lage erfordert daher eine fortlaufende Bewertung und sorgsames Vorgehen bei Rückführungen. Aber unsere Linie bleibt klar: Wer in Deutschland straffällig wird, hat sein Gastrecht verwirkt“, sagte der Unions-Kanzlerkandidat der „Bild“ (Montag). „Der Grundsatz "Null Toleranz gegenüber Kriminellen" erlaubt keine Ausnahmen. Straftäter müssen weiter konsequent abgeschoben werden, auch nach Afghanistan.“
Am Wochenende hatte sich auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) für ein Festhalten an Abschiebungen nach Afghanistan ausgesprochen. „Wir verhandeln gerade mit Afghanistan, damit wir Straftäter weiterhin dorthin abschieben können“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Wie will man denn verantworten, dass Straftäter nicht mehr in ihr Heimatland zurückgeführt werden können?“, fragte er. „Wir müssen auch überlegen, ob es Möglichkeiten gibt, die freiwillige Ausreise noch zu verstärken. Wenn ein Inhaftierter einen Teil seiner Strafe erlassen bekommt, reist er vielleicht freiwillig aus.“
Offensiven der Taliban nach Bundeswehr-Abzug
In den vergangenen Jahren waren ausschließlich Männer - vorwiegend Straftäter und sogenannte Terrorgefährder - gegen ihren Willen nach Afghanistan zurückgebracht worden. Die Bundeswehr hatte ihren Einsatz dort Ende Juni beendet. Parallel zu dem Abzug der internationalen Truppen haben die militant-islamistischen Taliban mehrere Offensiven begonnen und zahlreiche Bezirke unter ihre Kontrolle gebracht.
Kritik an den Aussagen von Seehofer äußerte der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans. „Diese Überlegung ist voll auf der menschenfeindlichen Linie von Populisten. Auch ausländische Straftäter sind Menschen. Sie verdienen ihre Strafe, aber niemand hat das Recht, sie in den Tod zu schicken. Sollte das drohen, müssen Abschiebungen gestoppt werden“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Montag).
Grünen-Politiker: SPD-Kritik „bedingte Heuchelei“
Der Grünen-Politiker Omid Nouripour kritisierte ebenfalls die Forderungen nach Abschiebungen nach Afghanistan als menschenverachtend. Die SPD kritisiere das zu Recht, sagte Nouripour, der auch außenpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion ist, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Nur sei die Grundlage für Abschiebungen der asylpolitische Lagebericht des Auswärtigen Amtes, für das wiederum SPD-Minister Heiko Maas zuständig sei. „Wenn die SPD die Kritik also ernst meint, dann muss sie sich endlich für einen aktuellen und realistischen Lagebericht einsetzen. Bis dahin ist die Kritik an Abschiebungen Wahlkampf bedingte Heuchelei.“
Der aktuelle Asyllagebericht des Auswärtigen Amts stellt zwar eine stärkere Gefährdung bestimmter Gruppen durch den Vormarsch der Taliban fest, aber keine generelle Gefährdung von Rückkehrern. Er bildet allerdings den Stand im vergangenen Mai ab - also kurz vor dem Abzug der ausländischen Truppen.
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