Tokio (dpa)

„Sind noch nicht fertig“: Tischtennis-Männer spielen um Gold

Kristina Puck und Thomas Wolfer, dpa
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Von Kristina Puck und Thomas Wolfer, dpa
| 04.08.2021 16:08 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Deutschlands Tischtennis-Männer spielen bei Olympia in Tokio um Gold. Gegner im Finale sind zwar die übermächtigen Chinesen, doch Timo Boll und Co. nehmen den Kampf an und wollen auch dieses Spiel gewinnen.

Der erfolgreich gemeisterte Halbfinal-Krimi gegen Japan macht Deutschlands Tischtennis-Männern Mut für die angestrebte Gold-Sensation gegen China.

Die sichere Silbermedaille dank des 3:2 gegen den Gastgeber ist Matchwinner und Rekord-Medaillensammler Dimitrij Ovtcharov & Co. noch nicht genug. „Wir sind noch nicht fertig“, sagte der 32-Jährige Mittwochabend in Tokio: „Wir wollen definitiv gewinnen. Im Sport ist alles möglich.“

Dass am Freitag (12.30 Uhr MESZ) im Endspiel gegen die an eins gesetzten Chinesen um Einzel-Olympiasieger Ma Long die schwierigste Herausforderung im Tischtennis wartet, ist den Deutschen bewusst. Bei allen drei bisher ausgetragenen Team-Wettbewerben bei den Olympischen Spielen haben die Dauersieger die Goldmedaille gefeiert.

„Wir müssen über uns hinauswachsen“

„Wir sind hierher gekommen, um jetzt auch Gold zu gewinnen“, sagte Patrick Franziska, nachdem er mit seinen Kollegen nur kurz jubelte. Auch Timo Boll wollte den finalen Abschluss gegen die Chinesen nicht schon vorher abschenken: „Wir müssen über uns hinauswachsen. Wir sind aber gefühlt bereit dazu. Ich denke, wir sollten an uns glauben.“

Schmunzelnd meinte der 40-Jährige im Tokioer Metropolitan Gymnasium, dass sich die letzten beiden Matches gegen die Japaner für ihn wie ein „Workout“ angefühlt hätten. So sehr hatte der Routinier bei der anstehenden Entscheidung mitgefiebert, war immer wieder aufgesprungen. Am Ende sorgte Dimitrij Ovtcharov im letzten Match für den dritten und entscheidenden Punkt mit dem souveränen 3:0 gegen Koki Niwa. Nach seinem verwandelten Matchball fiel er seinen Teamkollegen glücklich in die Arme und ließ sich auf den Hallenboden sinken. Dass der Weltranglisten-Siebte mit dem Finaleinzug auch eine Bestmarke aufstellte, stand für ihn nicht an erster Stelle.

Ma Long könnte zwar am Freitag zum fünften Mal Olympiasieger werden. Ovtcharov besitzt nun aber sechs olympische Medaillen - so viele wie niemand. Wie Boll feierte er schon Silber 2008 sowie Bronze 2012 und 2016 mit der Mannschaft. Die Bronzemedaille von Tokio vor wenigen Tagen war seine zweite im Einzel. „Das ist schon Wahnsinn. Das ist herausragend. Das hat er verdient“, würdigte Bundestrainer Jörg Roßkopf, früher selbst ein Weltklasse-Spieler.

Auch Revanche für Rio 2016

Statt Ovtcharov wäre zuvor aber im Duell mit den Japanern beinahe schon Franziska zum Matchwinner geworden. Zusammen mit Boll hatte er im Doppel gegen den Mixed-Olympiasieger Jun Mizutani sowie Koki Niwa im fünften Satz für die Führung gesorgt. Ovtcharov entschied dann gegen den Weltranglisten-Vierten Tomokazu Harimoto nur den ersten Abschnitt für sich. Weil Boll nach einem Satzrückstand gegen Mizutani sein Einzel aber wendete, führten die Deutschen mit 2:1, als Franziska wieder an die Platte trat.

Gegen das Supertalent Harimoto legte er die ersten beiden Sätze vor. Im vierten Durchgang fehlten ihm nur drei, im fünften sogar nur zwei Punkte zum Coup. Doch Harimoto rettete sich noch einmal. „Ich konnte gar nicht zusehen. Ich bin immer gegangen, gekommen, gegangen, gekommen. Es war wirklich ein ganz, ganz starkes Spiel von ihm gegen einen der besten Spieler der Welt“, beschrieb Ovtcharov die nervliche Anspannung. Wie schon beim 3:2 im Viertelfinale gegen Taiwan kam es bei dieser noch kniffligeren Aufgabe gegen die an drei gesetzten Gastgeber dann doch wieder auf ihn an. Er sei doch „eigentlich gemacht für solche Spiele“, lobte Boll seinen Kollegen.

Die deutschen Männer revanchierten sich mit dem Erfolg auch für die Halbfinal-Niederlage vor fünf Jahren in Rio gegen die Asiaten. Auf dem Weg zu Silber 2008 hatten sie die Japaner ebenfalls im Halbfinale besiegt. Mit dem Erreichen des Endspiels sind sie nun so erfolgreich wie seit 13 Jahren nicht mehr. „Wir freuen uns auf das Finale, aber wenn man im Finale steht, will man auch den nächsten Schritt machen - und daran glauben wir“, sagte Roßkopf und stimmte in die forschen Töne seiner Spieler mit ein.

© dpa-infocom, dpa:210804-99-708669/6

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