Berlin (dpa)
Böll-Stiftung sieht Baerbock bei Stipendium entlastet
Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock bezog als Stipendiatin Geld von der Böll-Stiftung. Politisch aktiv war sie da schon. Hat sie auch genug Zeit auf ihre Doktorarbeit verwendet? Die Stiftung meint: ja.
Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat ihr Promotionsstipendium von der parteinahen Heinrich-Böll-Stiftung in den Jahren 2009 bis 2012 nach deren Einschätzung zurecht erhalten.
Die Entscheidungen über die Gewährung und Verlängerung der Promotionsförderung seien „auch in der Rückschau nicht zu beanstanden“, schreibt die Stiftung in einer aktuellen Bewertung, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. Zuvor hatte die Stiftung die Umstände der Förderung geprüft.
„Tagesspiegel“ und „Bild“ hatten Anfang Juli über die Förderung berichtet. Die Frage kam auf, ob Baerbocks Förderung gegen Richtlinien verstieß, wonach Stipendiaten nur in begrenztem Umfang arbeiten oder sich anderweitig engagieren dürfen. Baerbock war von 2009 bis 2013 Landesvorsitzende der Grünen in Brandenburg. Sie selbst bat die Böll-Stiftung um eine Prüfung.
Baerbock erhielt laut Stiftung ab April 2009 zunächst „ideelle Förderung“, was zum Beispiel Betreuung umfasst. Nachdem sie ihre Vollzeitstelle als Referentin für Außen- und Sicherheitspolitik im Bundestag aufgegeben habe, habe sie von Oktober 2009 bis Ende 2012 auch Geld erhalten, schreibt die Stiftung - und zwar ein monatliches Stipendium von 1050 Euro sowie eine Forschungskostenpauschale von 100 Euro pro Monat. Von März bis Dezember 2012 kamen demnach ein Familienzuschlag von 155 Euro und eine Kinderbetreuungspauschale von noch einmal 155 Euro im Monat hinzu.
Danach verfolgte Baerbock die Promotion nicht weiter, die Förderung endete. Die Grünen-Chefin hat ihre Doktorarbeit nicht abgeschlossen.
Als Brandenburger Grünen-Vorsitzende arbeitete Baerbock demnach ab 2009 zunächst ehrenamtlich. Anfang 2011 informierte sie das Studienwerk laut Stiftung darüber, dass sie zum 1. Januar einen Arbeitsvertrag mit dem Landesverband der Partei über ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis für die Dauer ihrer Tätigkeit als Landesvorsitzende abgeschlossen habe. Vorgesehen war demnach eine Arbeitszeit von „maximal 20 Stunden im Monat“. Auch die Vorgaben des Studienwerks zur wöchentlichen Höchst-Wochenarbeitszeit hielt Baerbock der Stiftung zufolge ein.
Die Stiftung untersuchte auch, ob Baerbocks Förderung „aufgrund der umfangreichen ehrenamtlichen Tätigkeit“ für den Landesverband ausgeschlossen gewesen wäre. Denn in einem in der Analyse zitierten Finanzbericht des Landesverbands für das Jahr 2010 heißt es: „Die Landesvorsitzenden arbeiten ehrenamtlich, geben aber weit mehr als 50 Prozent ihrer Arbeitszeit für den Landesverband, die Landesgeschäftsstelle ist mit zwei Vollzeitstellen dünn besetzt.“
Die Grünen-nahe Stiftung sieht die heutige Kanzlerkandidatin auch in diesem Punkt entlastet. „Frau Baerbock bestätigt in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 05.08.2021, dass in den Jahren 2009 bis 2012 ihre "Konzentration während der üblichen Arbeitszeit überwiegend und hauptsächlich" ihrem Promotionsprojekt gegolten habe. "Das Engagement erfolgte - wie zu dieser Zeit im Landesverband üblich - überwiegend in den späten Nachmittags- sowie Abendstunden sowie an Wochenenden."“ Bis 2013 habe sie vor allem ehrenamtlich und neben ihrer Promotion für den Landesverband gearbeitet, erklärte Baerbock demnach.
Auch nach erneuter Prüfung und angesichts neu bekannt gewordener Informationen sei davon auszugehen, „dass die Voraussetzungen für die Promotionsförderung von Frau Annalena Baerbock während des gesamten Förderzeitraums“ vorgelegen haben, schreibt die Stiftung. „Das Studienwerk war über das gesellschaftspolitische Engagement und über das anspruchsvolle Ehrenamt von Frau Baerbock als Landesvorsitzende von Anfang an umfassend informiert. Wir freuen uns, wenn sich Stipendiat*innen auch während der Förderung gesellschaftspolitisch engagieren.“
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