Kopenhagen/Genf (dpa)
WHO und Unicef gegen neue Schulschließungen wegen Corona
Lernen ist laut WHO wichtig für die Gesundheit von Kindern. Schulen sollen daher offen bleiben. Gleichzeitig zeigt sich die WHO besorgt über die Neuinfektionen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das UN-Kinderhilfswerk Unicef haben sich vehement gegen weitere Schulschließungen in der Europa-Region ausgesprochen.
Kinder hätten in den vergangenen 20 Monaten „massiv gelitten“, sagte WHO-Europa-Direktor Hans Kluge am Montag bei einer Pressekonferenz in Kopenhagen. Zugleich warnte Kluge vor einem starken Anstieg der Corona-Infektionen. Allein bis 1. Dezember werde in der Europa-Region mit 236.000 Todesfällen durch Covid-19 gerechnet, so der Belgier.
Die Prognose, die vom Institute for Health Metrics and Evaluation der Universität von Washington in Seattle stammt, bezieht sich auf 53 Länder Europas einschließlich Russlands, des Kaukasus und der ehemaligen Sowjet-Republiken Zentralasiens. Besonders stark ist der Anstieg der Infektionszahlen demnach in den Ländern des Balkans, des Kaukasus und Zentralasiens.
Verantwortlich für den Anstieg der Corona-Zahlen seien vor allem die hochansteckende Delta-Variante, die Lockerung der Corona-Maßnahmen in vielen Ländern und die erhöhte Reisetätigkeit über den Sommer, so Kluge weiter.
„Horten Sie keine Impfstoffe!“
Zu den Maßnahmen, um die Schulen offenzuhalten, gehören laut WHO Impfangebote für Lehrpersonal und Kinder ab zwölf Jahren, gute Lüftung in den Klassenzimmern, möglichst kleine Klassen, Abstand halten und regelmäßiges Testen. „Die Pandemie hat für die „katastrophalste Unterbrechung der Schulausbildung in der Geschichte gesorgt“, sagte Kluge. Der Schulbetrieb sei neben dem üblichen Lernstoff absolut wichtig für die seelische Gesundheit und soziale Kompetenz von Minderjährigen. Schulen machten Kinder zu zufriedenen und produktiven Mitgliedern der Gesellschaft.
Ebenfalls Sorge bereitet der WHO eine Verlangsamung der Impfkampagnen. Bislang sei ungefähr die Hälfte der Bevölkerung in der Region geimpft worden. Doch in den vergangenen sechs Wochen habe das Tempo abgenommen, so Kluge. Hintergrund seien die unzureichende Produktion von Impfstoffen, mangelnder Zugang und ungenügende Akzeptanz. Besonders Länder mit mittlerem und niedrigem Einkommen müssten mit einer Impfrate von nur sechs Prozent noch aufholen. Teilweise sei dort erst einer von zehn Beschäftigten im Gesundheitsbereich vollständig geimpft. Der Belgier rief wohlhabende Länder in der Region dazu auf, nicht zu warten, bis das Verfalldatum nahe, bevor überschüssige Impfstoffdosen gespendet würden. „Horten Sie keine Impfstoffe“, so Kluge.
Die Gesundheitsbehörden in den Mitgliedsländern rief der WHO-Regionaldirektor dazu auf, „maßgeschneiderte Interventionen auf lokaler Ebene“ einzuführen, um die Akzeptanz zu erhöhen. „Impfskeptizismus und Wissenschaftsleugnung halten uns davon ab, diese Krise in den Griff zu bekommen, dienen keinerlei Zweck und sind gut für niemanden.“
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