Berlin (dpa)

Ab ins All - Der deutsche „Weltraumbahnhof“ rückt näher

Andreas Hoenig, dpa
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Von Andreas Hoenig, dpa
| 06.09.2021 13:24 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Peter Altmaier (r, CDU), Bundesminister für Wirtschaft und Energie, sieht sich das Modell einer möglichen Raketen-Startplattform der GOSA in der Nordsee an. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Peter Altmaier (r, CDU), Bundesminister für Wirtschaft und Energie, sieht sich das Modell einer möglichen Raketen-Startplattform der GOSA in der Nordsee an. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
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Deutschland soll mitmischen in einem Zukunftsmarkt. Ein „Weltraumbahnhof“ ist längst keine Science-Fiction mehr. Das Ziel: ein leichterer Zugang zum All.

Den geplanten deutschen „Weltraumbahnhof“ muss man sich nicht vorstellen wie Cape Canaveral in den USA oder Baikonur in Kasachstan.

Stattdessen ist eine schwimmende Startplattform in der Nordsee geplant: Von einem Spezialschiff mit Startrampe soll es möglichst bald abgehen ins All - für kleine Trägerraketen, die kleine Satelliten von der Größe eines Schuhkartons transportieren. Die sind Bestandteil des neuen, milliardenschweren „New Space“-Marktes. „New Space“ bezeichnet die zunehmende Kommerzialisierung der Raumfahrt. Denn Daten werden immer wichtiger.

Die Raketenplattform in der Nordsee rückte am Montag wieder ein Stück näher. Vier europäische Raketenhersteller unterzeichneten in Berlin Absichtserklärungen für die Zusammenarbeit mit der German Offshore Spaceport Alliance (GOSA), zu der Firmen wie das Raumfahrt- und Technologieunternehmen OHB gehören.

Der nächste Schritt ist nun eine Machbarkeitsstudie, die zur Hälfte von der Bundesregierung finanziert wird. Geklärt sollen rechtliche und regulatorische Fragen einer Startplattform. Das Ziel der Allianz GOSA ist es, im Jahr 2023 den ersten Start eines „Microlaunchers“, so werden die Mini-Raketen genannt, aus der Nordsee zu realisieren. Heimathafen solle Bremerhaven sein.

Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, sagte, vor allem Start-ups und mittelständische Unternehmen würden von einem vereinfachten und flexiblen Zugang ins All profitieren. „New Space“ sei ein Schlüssel für neue Technologien und datenbasierte Geschäftsmodelle wie das autonome Fahren in großen Flotten - dazu braucht man präziseste Daten.

Die Unterzeichnung der Absichtserklärungen sei ein „echter Meilenstein“, sagte Russwurm. Deutschland habe jetzt die einmalige Chance, eine eigene „New Space“-Kette aufzubauen - Microlauncher, Trägerraketen und eine Startplattform. Microlauncher könnten die große europäische Trägerrakete Ariane ergänzen. In Deutschland gibt es mehrere Start-up-Firmen, die kleine Raketen entwickeln.

Vor zwei Jahren hatte der BDI einen „Weltraumkongress“ organisiert und ein Konzept für einen deutschen „Weltraumbahnhof“ vorgestellt. Nach Darstellung der Allianz GOSA werden bis zum Jahr 2028 viermal mehr Satelliten ins All gebracht werden als in den vergangenen zehn Jahren - 86 Prozent davon würden aus dem Klein- und Kleinstsatellitensegment kommen. Ganze Wirtschaftszweige hingen von satellitenbasierten Navigationsanwendungen oder der Satellitenkommunikation ab. Der „Spaceport“ solle die Weiterentwicklung vieler wirtschaftsnaher Raumfahrtanwendungen begünstigen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kündigte eine „New-Space-Kleinsatelliten-Initiative“ an. Damit solle die deutsche Raumfahrtindustrie gezielt gestärkt und Spitzentechnologie in die Anwendung gebracht werden. Kleinsatelliten gehöre die Zukunft, sagte der Minister in Berlin. Ziel: von der Phase des Experimentierens in die Phase des Realisierens kommen.

Der Weltraum sei ein „dynamischer Wachstumsmarkt“, sagte Altmaier. Durch Kleinsatelliten könnten zum Beispiel Daten zum Klima- und Umweltschutz sowie zum Katastrophenschutz gewonnen werden - der Staat könne daher „Ankerkunde“ einer Startplattform werden.

Der Vorteil der Kleinsatelliten: Sie bewegen sich in einer vergleichsweise geringen Entfernung zur Erde - und ermöglichten deswegen äußerst schnelle Kommunikationsverbindungen, zum Beispiel für den Internetzugang in entlegenen Gebieten, wie die Unternehmensberatung Roland Berger in einer Analyse schrieb. Angesichts der Konkurrenz etwa aus den USA müsse Europa bei Microlaunchern schnell handeln, um noch mitmischen zu können.

© dpa-infocom, dpa:210906-99-112359/3

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