Nürnberg (dpa)

Laschet: Ein Jubel-Parteitag ist noch keine Trendwende

Jörg Blank, Marco Hadem, Christoph Trost, Michael Donhauser, dpa
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Von Jörg Blank, Marco Hadem, Christoph Trost, Michael Donhauser, dpa
| 11.09.2021 08:04 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Markus Söder (l), CSU-Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, und Armin Laschet, Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Vorsitzender, stehen beim Parteitag der CSU gemeinsam auf der Bühne. Foto: Peter Kneffel/dpa
Markus Söder (l), CSU-Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, und Armin Laschet, Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Vorsitzender, stehen beim Parteitag der CSU gemeinsam auf der Bühne. Foto: Peter Kneffel/dpa
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Noch zwei Wochen sind es bis zur Wahl - und die Union liegt weiter hinter der SPD zurück. Armin Laschet und Markus Söder haken sich nun demonstrativ unter. Bringt das Wochenende die erhoffte Trendwende?

Die Delegierten jubeln und johlen Armin Laschet zu, der Applaus will gar kein Ende nehmen.

Mehr als acht Minuten lang spenden sie am Samstag beim CSU-Parteitag in Nürnberg dem schwer unter Druck stehenden Unionskanzlerkandidaten im Stehen Beifall - mehr als doppelt so lange wie dem eigenen Vorsitzenden Markus Söder nach dessen Rede am Vortag. Die kleine bayerische Schwesterpartei der CDU ist fest entschlossen, nicht auch nur den Hauch eines Zweifels an der Unterstützung für Laschet aufkommen zu lassen.

Schon beim Empfang des Kandidaten in Nürnberg ist klar: Zwei Wochen vor der Bundestagswahl am 26. September wollen die Christsozialen ein Bild der Geschlossenheit in die Republik senden. Noch wenig zuvor hatten Söder und CSU-Generalsekretär Markus Blume den NRW-Ministerpräsidenten mit spitzen Bemerkungen in Bedrängnis gebracht. Doch beim Einmarsch gibt es soviel Jubel für ihn, dass man glauben könnte, Laschet habe die Wahl schon gewonnen und das Kanzleramt nach der Ära von 16 Jahren Angela Merkel erfolgreich für die Union verteidigt.

Laschet schmeichelt den Bayern

Laschet hat sich an diesem Tag entschieden, die Seele der CSU zu streicheln. Gleich zu Beginn seiner Rede versucht er es mit der Taktik, die Delegierten zu umarmen, jedenfalls rhetorisch. Er habe ja einige Jahre in Bayern gelebt, in München studiert und immer „diese Eigenständigkeit, dieses Selbstbewusstsein in Bayern“ sehr geschätzt, das durch die CSU wie durch keine andere Partei verkörpert werde. Nur die CSU könne den Freistaat Bayern in Berlin stark vertreten - „und deshalb brauchen wir CDU und CSU in der nächsten Bundesregierung“, ruft er in den Saal - und die Delegierten jubeln.

Immer wieder muss sich Laschet während der knapp 50 Minuten seiner Rede räuspern, manchmal klingt er heiser - eine Wahlkampfstimme sei das, heißt es nachher aus seinem Team. Soll wohl auch bedeuten: Laschet kämpft, er schont sich nicht. Der CDU-Chef geht durch die Kernthemen der Konservativen für die heiße Schlussphase des Wahlkampfs: innere und äußere Sicherheit, Arbeitsplätze und Wirtschaft, Stabilität der Finanzen, Klimawandel. Wirkliche Neuigkeiten hat er nicht mitgebracht nach Nürnberg, aber das haben die Delegierten wohl auch nicht erwartet.

Attacken gegen die SPD

Wichtiger ist für sie an diesem Tag, dass sich Laschet als Kämpfer präsentiert. Schnell ist klar, wen er als Hauptgegner im Visier hat: SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und seine Partei. „In all den Entscheidungen der Nachkriegsgeschichte standen Sozialdemokraten immer auf der falschen Seite“, ätzt Laschet. Er meint ihre Wirtschafts-, Steuer- und Finanzpolitik: Die SPD habe immer daran gedacht, Steuern zu erhöhen, Schulden zu machen und den Menschen möglichst viel vorzuschreiben. In den sozialen Medien schäumen anschließend die SPD-Anhänger - dem CDU-Chef kann das nur Recht sein, er setzt auf Polarisierung und die Mobilisierung der eigenen Anhänger.

Der Finanzminister verweigere der Bundeswehr Drohnen zum Schutz der Bundeswehr, „weil er Angst hat vor den Linken in seiner Partei“, kritisiert Laschet - das gefällt den CSU-lern. Wieder hält Laschet dem Bundesfinanzminister nach einer Durchsuchung von dessen Ministerium durch die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einer Geldwäsche-Spezialeinheit vor, Zweifel am Rechtsstaat zu säen, Scholz diskreditiere die unabhängige Justiz. Immer wieder geht Laschet Scholz direkt an - das dürfte ein Vorgeschmack auf die Fernsehdebatte von Laschet mit Scholz und der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock am Sonntagabend sein.

Delegierten wollen nicht aufhören zu klatschen

Als Laschet seine Rede beendet hat, kommt nicht nur Söder auf die Bühne, fast die gesamte CSU-Führung reiht sich um den Kandidaten. Das soll nochmal zeigen: Wir stehen hinter ihm. Als die Delegierten gar nicht aufhören wollen mit dem Klatschen, wirkt es, als werde es Laschet beinahe unangenehm: Er knöpft sich das Jackett zu, als wolle er signalisieren: Jetzt reicht es auch. Gut möglich ist nach den vergangenen schwierigen Monaten mit der CSU auch, dass den Kandidaten Zweifel beschleichen, ob soviel Jubel tatsächlich von Herzen kommt, oder nicht eher einer perfekten Parteitagsregie geschuldet ist.

Einen warmen und herzlichen Empfang hatte Söder Laschet am Vortag versprochen - und in seiner Rede tatsächlich auf süffisante Bemerkungen in dessen Richtung verzichtet. Nach dem Auftritt des Kanzlerkandidaten klingt der bayerische Ministerpräsident am Samstag dann geradezu überschwänglich, als er ruft: „Das war die Rede unseres künftigen Kanzlers Armin Laschet. Wir haben einen großartigen Empfang versprochen, er hat es mit einer großartigen Rede gedankt.“

Letzte Chance beim TV-Triell?

Ob der Burgfrieden in der Union tatsächlich bis zum Wahlabend hält? Die Umfragen für die Union und Laschet bleiben jedenfalls weiterhin wie festgetackert im historischen Tief. Immerhin, so sagen manche in der CSU, sei wohl die Talsohle erreicht. Es deute sich an, dass sich die Lage konsolidiere - auf dramatisch schlechtem Niveau. Dass Söder der eigentliche „Kandidat der Herzen“ wäre, bekam er quasi von einer Umfrage des Civey-Instituts bescheinigt, nach der die Union mit ihm als Kanzlerkandidat in der Wählergunst deutlich besser da stehen würde und auf 37 Prozent käme.

Ob in der CSU-Führungsetage tatsächlich jemand glaubt, dass Laschet am Sonntagabend beim zweiten großen TV-Triell mit Scholz und Baerbock das Ruder tatsächlich noch herumreißen kann? So einen leichten Gang wie bei der CSU dürfte er dann nicht haben.

Der Schlagabtausch bei ARD und ZDF dürfte für ihn wohl eine der letzten Chancen sein, das Bild der Menschen von ihm zum Positiven zu korrigieren. Tief haben sich sein Lacher während der Flutkatastrophe und andere Patzer ins Gedächtnis eingebrannt. Dabei wird auch Laschet klar sein: Schafft er es nicht in den nächsten 14 Tagen, den Trend zu drehen, und geht es schief bei der Bundestagswahl, dürfte es sein letzter Auftritt bei einem CSU-Parteitag gewesen sein.

© dpa-infocom, dpa:210911-99-175101/16

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