Berlin (dpa)
Laschets Aufholjagd: Rückenwind aus Niedersachsen
Zwei Wochen vor der Bundestagswahl sieht die CDU-Spitze eine Trendwende eingeleitet. Auch ein „Sofortprogramm“ für die Zeit nach der Wahl soll helfen. Doch läuft dem Kanzlerkandidaten die Zeit weg?
CDU-Sieg bei den Kommunalwahlen in Niedersachsen, Angriffslust beim TV-Triell gezeigt, volle Rückendeckung der CSU: Unionskanzlerkandidat Armin Laschet sieht trotz anhaltend schlechter Umfragewerte Rückenwind für eine Aufholjagd zur Bundestagswahl.
„In dieser Phase, nicht ein, zwei Jahre vor einer Bundestagswahl, sondern zwei Wochen vor einer Bundestagswahl hat die CDU in Niedersachsen gezeigt: Wir sind die stärkste politische Kraft“, sagte der CDU-Chef nach Beratungen der Parteispitze in Berlin.
Weitere Auftritte mit Kanzlerin Angela Merkel und ein „Sofortprogramm“ für die Zeit nach der Wahl sollen zusätzlichen Schub bringen.
Die aus Niedersachsen stammende stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher sagte an der Seite von Laschet: „Die Trendwende ist eingeleitet.“ Dieser habe am Sonntag im TV-Triell „bewiesen, dass er Kanzlerformat hat“. Das Kommunalwahlergebnis sei „ein absoluter Motivationsschub für unsere Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer“. Umfragen seien das Eine. „Aber abgestimmt wird an der Wahlurne.“
Bei den Kommunalwahlen in Niedersachsen war die CDU trotz Verlusten mit 31,7 Prozent stärkste politische Kraft vor der SPD (30,0 Prozent) geblieben. Allerdings war dies ihr schlechtestes Kommunalwahlergebnis in dem Land seit den sechziger Jahren.
Laschet und Breher präsentierten ein „Sofortprogramm“ aus Maßnahmen für den Fall eines Sieges bei der Bundestagswahl am 26. September. Es besteht aus sechs „Paketen“ für die Bereiche Familien, Sicherheit, Beschleunigung, Klimaschutz, Entlastung und Mittelstand, die in den ersten 100 Tagen umgesetzt werden sollen. Die Union wolle Familien, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Polizei, Einsatzkräfte und den Mittelstand in den Blick nehmen, sagte Laschet. „Wir wollen uns vor allem denen widmen, die in der Pandemie besonders gelitten haben.“
Schub durch Merkel
Nachdem es parteiintern Kritik an zu wenig Engagement der nach 16 Jahren aus dem Amt scheidenden Kanzlerin im Wahlkampf gegeben hatte - Merkel hatte sich nur zu wenigen Wahlkampfauftritten mit Laschet entschlossen - soll es nun nach Angaben des NRW-Ministerpräsidenten zwei weitere gemeinsame Termine geben.
So werde es mit ihr in ihrem bisherigen Wahlkreis in Stralsund eine Veranstaltung geben, kündigte Laschet an. Merkel werde auch in seine Heimatstadt Aachen kommen. Dies habe sie auch schon 2017 vor der NRW-Landtagswahl getan. „Und da das erfolgreich war, das Rezept, werden wir das jetzt noch einmal einsetzen.“ Zudem werde er auch in Bayern noch mehrere Tage lang Wahlkampf machen. Hinzu komme der Wahlkampfabschluss der Union auf dem Nockherberg in München am 24. September mit der Kanzlerin und CSU-Chef Markus Söder.
Auf die Frage, wie nervös er sei, dass ihm die Zeit für eine Aufholjagd weglaufe, antwortete Laschet: „Der Wähler hat sich gestern das Triell angeschaut. Die Wählerinnen und Wähler beobachten: wie ist die politische Entwicklung?“ Spätestens am 26. September werde abgestimmt. Alle merkten nun, Deutschland stehe vor einer Richtungsentscheidung: „Man würde mit SPD, Grünen und Linken eine andere Republik bekommen.“ Laschet ergänzte: „Deshalb läuft da gar nichts weg. Es ist Zeit, Tag für Tag zu überzeugen.“
Im „Sofortprogramm“, das im Wesentlichen bekannte Positionen aus dem gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU enthält, verspricht die Union höhere Grundfreibeträge für Kinder und ein höheres Kindergeld. Über einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer soll Familien der Eigenheimkauf erleichtert werden. Investitionen in Klimaschutz sollen steuerlich besser absetzbar werden, für Solardächer soll es zinslose Darlehen geben.
Durch einen höheren Arbeitnehmerpauschbetrag wollen CDU und CSU kleine und mittlere Einkommen entlasten, die Minijobgrenze soll von 450 auf 550 Euro steigen. Dem Mittelstand und Handwerk werden stabile Lohnzusatzkosten bei maximal 40 Prozent und eine kostenfreie Meisterausbildung versprochen.
CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte in München über das „Sofortprogramm“. „Das 100-Tage-Programm von Armin Laschet ist ein starker Aufschlag.“ Sofort nach Amtsantritt würden besonders Familien und Mittelstand entlastet. „Schnelle Steuersenkungen für kleine und mittlere Einkommen, dynamische Pendlerpauschale, Förderung von Klimainnovationen – so geht Zukunft“, ergänzte er.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag, Marco Buschmann, twitterte dagegen: „Das #Sofortprogramm erinnert eher an DHL als an CDU: Lauter Pakete! Dann macht man sie auf: aber leider steckt kaum was konkretes drin. Zu Digitalisierung sogar gar nichts! Da müsste die @fdp schon ordentlich nachhelfen, damit aus den Überschriften was wird.“
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