Osnabrück/Berlin (dpa)
Ermittlungsverfahren gegen Scholz' Staatssekretär
Wolfgang Schmidt ist seit rund dreieinhalb Jahren Staatssekretär im Finanzministerium. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Schmidt eingeleitet. Aber wegen eines anderen Hintergrundes.
Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hat ein Ermittlungsverfahren gegen den Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Wolfgang Schmidt, eingeleitet.
Grund sei das teilweise Veröffentlichen eines Durchsuchungsbeschlusses bei Twitter, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Dabei soll es sich um wesentliche Teile des Durchsuchungsbeschlusses handeln. Das Verfahren sei an die Staatsanwaltschaft Berlin übergeben worden.
Schmidt schrieb auf Twitter, dass er zuversichtlich sei, dass die Vorwürfe schnell ausgeräumt werden könnten. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) betonte, der Fall müsse in einem ordentlichen Verfahren geklärt werden.
Bei Ermittlungen gegen Verantwortliche der Financial Intelligence United (FIU), einer Geldwäsche-Spezialeinheit des Zolls, hatte die Staatsanwaltschaft Osnabrück in der vergangenen Woche das Bundesfinanzministerium und -justizministerium durchsuchen lassen. Dabei wurden auch Unterlagen beschlagnahmt, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Die Staatsanwälte gehen seit vergangenem Jahr einem Verdacht auf Strafvereitelung im Amt durch die FIU nach.
Schmidt rechtfertigt sich
Laut Schmidt sei der Eindruck entstanden, dass gegen Beschäftigte des Bundesministeriums ermittelt werde. „Dieser falsche Eindruck machte es nötig, dass sich die Öffentlichkeit selber ein Bild von den Fakten machen kann“, schrieb er weiter.
Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt gegen Mitarbeiter der Anti-Geldwäsche-Behörde FIU, die indirekt beim Bundesfinanzministerium angesiedelt ist. Der Vorwurf: Die Mitarbeiter sollen Verdachtsmeldungen zur Terrorfinanzierung nicht rechtzeitig weitergeleitet haben, so dass Ermittler nicht eingreifen konnten. In diesem Zusammenhang gab es auch Untersuchungen im Finanzministerium - nicht, weil Ministeriumsmitarbeiter beschuldigt werden, sondern weil man an E-Mails zwischen FIU und Ministerium rankommen wollte.
Der entsprechende Paragraf 353d des Strafgesetzbuches verbietet es laut Osnabrücker Staatsanwaltschaftssprecher, Dokumente aus Ermittlungsverfahren, etwa Durchsuchungsbeschlüsse, öffentlich zu machen, bevor sie vor Gericht verhandelt werden. Dies wird Schmidt nun vorgeworfen.
Schmidt selbst sei überzeugt, dass die Veröffentlichung des Beschlusses rechtlich in Ordnung gewesen sei, sagte Scholz - er selbst könne das nicht beurteilen. Das Ministerium unterstütze die Ermittlungen gegen die FIU, betonte der Minister. Über Schmidt sagte er: „Der Staatssekretär twittert viel, das kann ich kaum noch nachvollziehen, was er da im Einzelnen macht.“
Politisch brisant
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte im jüngsten Triell bereits betont, die Untersuchungen hätten nichts mit dem Ministerium selbst zu tun. Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) dagegen wies darauf hin, dass Scholz als Ministeriumschef für alles Verantwortung trage, was in seinem Haus und in den nachgeordneten Behörden schief laufe.
Probleme bei der Geldwäsche-Einheit sind allerdings schon länger bekannt. Bereits unter dem CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble, Scholz' Amtsvorgänger, gab es Kritik, die Behörde habe zu wenige Mitarbeiter und keinen Zugriff auf relevante polizeiliche Datenbanken. Scholz stockte die Zahl der Beschäftigten laut Ministerium auf, die FIU kann heute zudem auf die Daten des Bundeskriminalamts zugreifen. Doch Experten gehen davon aus, dass sie trotzdem nicht effektiv arbeitet und jährlich Milliarden Euro aus krimineller Herkunft in Deutschland gewaschen werden.
Kritik an Schmidt äußerten Union und FDP. „Es ist ein Unding, dass der beamtete Staatssekretär Schmidt Teile des Durchsuchungsbeschlusses twittert“, erklärte Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU). „Das Bundesfinanzministerium wäre besser beraten, die Justiz in ihren Ermittlungen zu unterstützen statt die dazugehörigen Dokumente öffentlich zu machen.“ Der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar sagte: „Die Attacken von Olaf Scholz auf die Staatsanwaltschaft waren schon als solche eine klare Grenzüberschreitung. Jetzt kommt eine vermutlich rechtswidrige Veröffentlichung des Durchsuchungsbeschlusses durch den engsten Vertrauten von Scholz hinzu.“ Es sei nahezu unvorstellbar, dass Scholz davon nichts gewusst habe.
Sondersitzung soll kommen
FDP, Linke und Grüne haben wegen der Ermittlungen bei der Verfolgung von Geldwäsche indes eine Sondersitzung des Bundestagsfinanzausschusses noch vor der Wahl beantragt. Die nunmehr bekannt gewordenen Vorwürfe und Ermittlungsmaßnahmen erreichten „eine bisher ungeahnte Qualität“, heißt es in einem Schreiben an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), das der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag vorlag. Marco Buschmann (FDP), Jan Korte (Linke) und Britta Haßelmann (Grüne) bitten in dem Brief um Anwesenheit von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am 20. oder 22. September.
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