Schwerin (dpa)
Schwesig bleibt: SPD gewinnt MV-Wahl
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig hat nahezu freie Wahl: Gleich drei Koalitionen sind nach einem fulminanten Wahlsieg ihrer SPD möglich. Bei der CDU gibt es hingegen Rücktritte.
Durch einen furiosen Sieg der SPD bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern hat Ministerpräsidentin Manuela Schwesig gleich mehrere Koalitionsmöglichkeiten für ihre nächste Regierung.
Die 47-Jährige kann das Bündnis mit der abgestraften CDU fortsetzen oder mit den ebenfalls gerupften Linken regieren. Mit dem Wiedereinzug von FDP und Grünen in den Schweriner Landtag ist zudem eine Ampel-Koalition möglich. Am Wahlabend selbst wollte sich Schwesig nicht festlegen. „Wir warten jetzt die endgültigen Ergebnisse ab und schauen dann, mit wem man stabile Mehrheiten bilden kann“, sagte die SPD-Politikerin im ZDF.
Drei Dinge seien für eine Regierung entscheidend: stabile Mehrheiten, dann sozialdemokratische Themen wie eine starke Wirtschaft, gute Arbeit, sozialer Zusammenhalt und Umwelt sowie drittens die Verlässlichkeit des Partners. Am Abend werden nach Schwesigs Angaben die Parteigremien zusammenkommen „und dann schauen wir, mit wem wir Gespräche führen werden“. Sie sei „natürlich sehr glücklich mit der SPD hier in Mecklenburg-Vorpommern. Wir haben unser Wahlziel ganz klar erreicht. Wir sind wieder stärkste Kraft und haben sogar noch richtig zugelegt.“ Sie sei „sehr stolz, Ministerpräsidentin des schönsten Bundeslandes in Deutschland zu sein - und dass ich es jetzt auch bleiben darf.“
Zweitbestes SPD-Ergebnis überhaupt
Die SPD hat bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern laut dem vorläufigen Endergebnis mehr Mandate im Landesparlament errungen wie AfD und CDU zusammen: Sie steigerte Angaben der Landeswahlleitung zufolge ihr Ergebnis im Vergleich zur vorherigen Wahl um 8 auf 34 Mandate. Als nächstgrößere Fraktionen kommen die AfD auf 14 (-4) Mandate und die CDU auf 12 (-4) Mandate. Die Linke erzielte 9 (-2) Mandate, FDP und Grüne, die den Wiedereinzug in den Landtag bei dieser Wahl geschafft haben, je 5 (+5) Sitze. Bei insgesamt 79 Mandaten (+8) wären für eine absolute Mehrheit im Parlament demnach 40 Mandate nötig.
Nach Auszählung aller 2003 Wahlbezirke erzielten die Sozialdemokraten bei den Zweitstimmen 39,6 Prozent, wie auf der Homepage der Landeswahlleitung zu sehen war. Das ist das zweitbeste SPD-Ergebnis überhaupt im Nordosten und liegt deutlich über dem von 2016. Damals konnte die Partei 30,6 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Der bisherige Koalitionspartner CDU muss das historisch schlechteste Ergebnis im Bundesland hinnehmen. Die Christdemokraten um ihren Spitzenkandidaten und Landesvorsitzenden Michael Sack kommen nur auf 13,3 Prozent - nach 19,0 Prozent bei der Landtagswahl 2016.
Sack trat am Montag mit sofortiger Wirkung zurück. Zudem werde er sein Landtagsmandat nicht annehmen, erklärte Sack zu Beginn einer Landesvorstandssitzung in Schwerin. Auch Landesgeneralsekretär Wolfgang Waldmüller legt sein Amt nieder, wie er mitteilte. Zudem werde er nicht wieder für den Fraktionsvorsitz kandieren.
Sack erklärte: „Ich habe die CDU Mecklenburg-Vorpommer mit viel Enthusiasmus in diesen Wahlkampf geführt, habe vor Ort bei den Menschen viel Zuspruch erfahren und hatte ein Team, auf das ich mich stets verlassen konnte.“ Dennoch spreche das Wahlergebnis eine eindeutige Sprache. „Auch wenn es einen ungünstigen Bundestrend gab und eine schwierige Ausgangssituation im Land: Für das Ergebnis übernehme ich die Verantwortung.“ Er könne nicht glaubwürdig derjenige sein, der die CDU in Mecklenburg-Vorpommern zu alter Stärke zurückführe - egal ob aus der Oppositionsrolle heraus oder im Rahmen einer Regierungsbeteiligung.
AfD zweitstärkste Partei
Zweitstärkste Kraft im Schweriner Landtag wird nach Auszählung aller Wahlbezirke mit 16,7 Prozent erneut die AfD - nach 20,8 Prozent bei der Wahl 2016. Parteichef Leif-Erik Holm sagte: „Leichte Verluste sind nicht so dramatisch für uns. Wir freuen uns, dass wir so stabil daliegen. Das heißt, wir haben eine sehr, sehr große Stammwählerschaft, die auch in die Wahllokale gegangen ist.“
Die Linke konnte den seit 2011 anhaltenden Abwärtstrend nicht stoppen und fuhr mit 9,9 Prozent ihr bislang schlechtestes Wahlergebnis im Nordosten ein. Zu möglichen Koalitionsmöglichkeiten wollte sich Spitzenkandidatin Simone Oldenburg nicht äußern. Sie gehe jedoch davon aus, dass die Wähler im Nordosten die CDU abgewählt hätten und sich einen Linksruck wünschten.
Großer Jubel bei FDP und Grünen: Die Liberalen - seit 2011 nicht mehr im Parlament vertreten - kamen auf 5,8 Prozent, die Grünen - seit 2016 nicht mehr im Landtag - erreichten 6,3 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 70,8 Prozent. 2016 lag sie bei knapp 62 Prozent.
Bei der Bundestagswahl hat die SPD in Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls gut abgeschnitten. Nach Auszählung der rund 2000 Wahlbezirke im Land lagen die Sozialdemokraten mit 29,1 Prozent der Zweitstimmen an der Spitze - das sind in etwa doppelt so viele Stimmenanteile wie 2017. Dahinter lag die AfD mit 18,0 Prozent. Die CDU kam auf 17,4 Prozent - ein Debakel im Vergleich zu 2017, als die Christdemokraten im Nordosten noch 33,1 Prozent der Zweitstimmen und alle sechs Direktmandate geholt hatten. Diesmal errang die CDU kein einziges Direktmandat. Fünf gingen an die SPD, eins an die AfD.
© dpa-infocom, dpa:210926-99-360835/25