Paris (dpa)
Hafturteil gegen Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy verhängt
Vom Präsidenten zum abgeurteilten Straftäter: Ex-Präsident Sarkozy ist in Paris wegen illegaler Wahlkampffinanzierung zu einem Jahr Haft in Form von Hausarrest verurteilt worden. „Sarko“ geht in Berufung, nicht nur gegen dieses Urteil.
Seit Jahren steht Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy wegen diverser Affären im Fokus der Justiz, zum zweiten Mal binnen weniger Monate hat ein Gericht ihn nun zu einer Haftstrafe verurteilt.
Wegen illegaler Wahlkampffinanzierung verhängte das Gericht in Paris am Donnerstag ein Jahr Haft für das ehemalige Staatsoberhaupt, das zum Urteilsspruch selber nicht im Justizpalast erschien. Die Strafe kann der 66-Jährige als elektronisch überwachten Hausarrest mit einer Fußfessel verbüßen. Ob es soweit aber wirklich kommt, ist noch offen. Wie schon beim Hafturteil vom März kündigte Sarkozys Verteidigung Berufung an.
Zahlreiche Kamerateams und Medien drängten sich am Morgen an dem Verhandlungssaal im modernen Pariser Justizkomplex. Obwohl in Frankreich schon öfter Politiker wegen unklarer Geldströme vor Gericht landeten, hatte der Strafprozess gegen den Ex-Präsidenten Seltenheitswert. Nicht zuletzt, weil es in dem Verfahren gegen den als „Sarko“ bekannten Ex-Präsidenten um riesige Summen Geld geht.
Denn bei seiner letztlich gescheiterten Wiederwahlkampagne 2012 überschritt Sarkozy die aus Gründen der Chancengleichheit zwischen den Kandidaten gedeckelten Kosten deutlich. Statt der erlaubten 22,5 Millionen Euro gab Sarkozys Team nach Feststellung des Gerichts mindestens 42,8 Millionen aus.
Um die Mehrausgaben zu vertuschen, habe seine Partei UMP - mittlerweile in Republikaner umbenannt - die Ausgaben durch ein System fiktiver Rechnungen getarnt, hieß es im Urteilsspruch. Erfunden haben soll Sarkozy das System nicht, er habe zwei schriftliche Hinweise von Buchhaltern aber ignoriert und weitere Wahlkampfauftritte mit zusätzlichen Kosten absolviert.
In der Urteilsbegründung betonte die Vorsitzende Richterin die besondere Schwere der Vergehen, sprach von einer große Summe Geld und einer Vielzahl manipulierter Dokumente. Sarkozy habe die Obergrenze für Wahlkampfausgaben gekannt. Es sei auch nicht sein erster Wahlkampf gewesen. Der Konservative saß von 2007 bis 2012 im Élyséepalast.
Sarkozy hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Die Anklage hatte ein Jahr Haft, davon die Hälfte auf Bewährung, und eine Geldstrafe gefordert. Sarkozys Verteidigung plädierte auf Freispruch.
In dem Verfahren standen 13 weitere Menschen wegen des Verdachts auf Betrug und Beihilfe vor Gericht. Das Gericht sprach sie alle schuldig und verhängte Haftstrafen zwischen zwei und dreieinhalb Jahren. Diese wurden teils auf Bewährung ausgesetzt und können im übrigen im Hausarrest verbüßt werden.
Die Verurteilung folgt für Sarkozy nur wenige Monate nach einer vorherigen Niederlage vor Gericht. Im März wurde er in einer anderen Affäre wegen Bestechung und unerlaubter Einflussnahme zu drei Jahren Haft verurteilt, davon zwei auf Bewährung. Der Ex-Präsident kündigte Berufung an. Und auch wegen seines ersten Wahlkampfs 2007 laufen weiter Ermittlungen der französischen Justiz gegen den einstigen Hoffnungsträger von Frankreichs bürgerlicher Rechten. Im Raum steht dabei der Vorwurf von Zahlungen aus Libyen
Sarkozy ist nicht der erste frühere hochrangige Politiker in Frankreich, der vor Gericht schuldig gesprochen wird. Ex-Präsident Jacques Chirac erhielt 2011 wegen Veruntreuung und Vertrauensbruch in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Auch die ehemaligen Premiers François Fillon, Alain Juppé und Edith Cresson wurden wegen verschiedener Vergehen verurteilt.
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