Berlin (dpa)
Schlichtung im Baugewerbe hat begonnen
Seit Monaten schwelt der Tarifstreit im Baugewerbe, fünf Verhandlungsrunden brachten bislang kein Ergebnis. Nun soll eine Schlichtung den Konflikt lösen.
Im Tarifkonflikt für rund 890.000 Beschäftigte im Baugewerbe läuft nun ein Schlichtungsverfahren. Beide Seiten hätten die Gespräche am Mittwochmorgen aufgenommen, wie die Industriegewerkschaft Agrar-Bauen-Umwelt (IG BAU) mitteilte.
Als Schlichter tritt der Präsident des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel, auf. Bis Freitag haben sich die Beteiligten zunächst Zeit gegeben, im festgefahrenen Streit eine Lösung zu finden.
Um den eigenen Forderungen Nachdruck zu verleihen, versammelten sich zahlreiche Beschäftigte in Berlin und demonstrierten nach einem Protestzug vor dem Verhandlungsort in Mitte. Der Bundesvorsitzende der IG BAU, Robert Feiger, kündigte vor den Teilnehmenden erneut an, im Falle eines Scheiterns schnell mit Arbeitskampfmaßnahmen zu beginnen.
„Wir schätzen das Risiko eines Scheiterns und die Erfolgschancen auf 50:50 ein“, hatte Feiger vor der Schlichtung betont. Auf der Veranstaltung sprach auch der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Reiner Hoffmann.
Knackpunkt der Verhandlungen ist vor allem die Gewerkschaftsforderung nach einer sogenannten Wegezeitentschädigung für die Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter. „Die langen Anfahrten oder Wegezeiten hin zur Baustelle für unsere Beschäftigten sind mit ein entscheidender Punkt“, hatte Feiger gesagt.
Die IG BAU will, dass je nach individuellem Anfahrtsweg mindestens ein halber Tarifstundenlohn als Ausgleich gezahlt wird. Für Strecken von mehr als 100 Kilometern sollen es demnach bis zu zwei Stundenlöhne sein. Das Thema spielte bereits bei der vorigen Tarifrunde im vergangenen Jahr eine Rolle. Damals hatte ebenfalls Bundessozialpräsident Schlegel in einem mehrtägigen Schlichtungsverfahren vermittelt und eine vorläufige Lösung in der Frage gefunden. Nun liegt das Thema wieder auf dem Tisch.
Darüber hinaus fordert die Gewerkschaft 5,3 Prozent mehr Lohn und Gehalt sowie eine Ost-West-Angleichung bei den Tarifen.
Die Arbeitgeberseite verwies vor der Schlichtung auf das eigene Tarifangebot mit einem Volumen von drei Prozent. Zur Wegezeit-Frage teilte der Verhandlungsführer Uwe Nostitz mit: „Tatsache ist, dass bereits heute jeder Arbeitnehmer als Ausgleich für Fahrten zu den Baustellen jährlich zusammen mit dem Tariflohn rund 1000 Euro pauschal als Zuschlag für Wegezeiten erhält.“
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