Menlo Park (dpa)
Zuckerberg will Facebook-Apps auf junge Nutzer ausrichten
Facebook steht in der Kritik wie selten zuvor. Mark Zuckerberg weist die Vorwürfe als koordinierte Kampagne zurück und richtet den Konzern auf junge Nutzer aus. Facebooks Geldmaschine wirft weiter Milliarden ab.
Facebook will unter dem Konkurrenzdruck des chinesischen Rivalen Tiktok attraktiver für junge Nutzer werden.
Alle Facebook-Apps bekämen das Ziel, zu besten Diensten für junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 29 Jahren zu werden, „statt für eine größere Zahl älterer Leute zu optimieren“, sagte Gründer und Chef Mark Zuckerberg. Zugleich steckt Facebook Milliarden in den Aufbau einer virtuellen Welt, in der Zuckerberg die nächste Kommunikations-Plattform sieht.
Die Ausrichtung auf junge Nutzer werde Konsequenzen haben, sagte Zuckerberg in einer Telefonkonferenz mit Analysten. In anderen Altersgruppen werde es dadurch vermutlich weniger Wachstum geben - es sei aber auf lange Sicht der richtige Ansatz. Zugleich werde es „Jahre und nicht Monate dauern, den Wandel ganz umzusetzen“.
Vorbild Tiktok
Den Videodienst Tiktok bezeichnete der Facebook-Chef als „einen der effizientesten Konkurrenten, dem wir je gegenüberstanden“. Konkret scheinen die Pläne unter anderem zu bedeuten, dass bei Facebook und dem Fotodienst Instagram kurze Videos - das Tiktok-Kerngeschäft - stärker in den Vordergrund rücken werden. Zuletzt kamen bereits 60 Prozent der Werbeerlöse im Videobereich von Clips im Hochformat, die weniger als 15 Sekunden lang waren.
Junge Erwachsene seien traditionell eine „starke Basis“ gewesen, sagte Zuckerberg. „Und das ist wichtig, denn sie sind die Zukunft.“ Im vergangenen Jahrzehnt sei die Nutzerschaft aber vielfältiger geworden und Facebook habe sich darauf fokussiert, für alle da zu sein. Nun sollten die Bedürfnisse der Jüngeren der „Leitstern“ werden. Unter den zuletzt öffentlich gewordenen internen Facebook-Dokumenten sind auch Analysen, denen zufolge Facebook in den USA weniger von jungen Menschen genutzt werde.
Schwere Vorwürfe von Whistleblowerin
Die aktuelle Welle kritischer Medienberichte auf Basis interner Unterlagen wies Zuckerberg als „koordinierten Versuch“ ab, Facebook im falschen Licht darzustellen. Unter den Vorwürfen, die auf die ehemalige Facebook-Mitarbeiterin Frances Haugen zurückgehen, wiegt besonders schwer, der Konzern habe dank Umfragen und Datenanalysen durchaus gewusst, dass seine Dienste im realen Leben Schaden anrichteten - aber dies ignoriert, um Geld zu verdienen.
Einen Änderung des Konzernnamens, über die seit vergangener Woche spekuliert wird, gab es zur Vorlage der aktuellen Quartalszahlen am Montag nicht. Medienberichten zufolge soll ein neuer Name andere Apps wie Instagram aus dem Schatten von Facebook - der ersten und wichtigsten Plattform der Firmengruppe - führen. Zugleich gehe es auch darum, die Evolution hin zum „Metaverse“ zu verankern - einer virtuellen Umgebung, in der reale und digitale Welten ineinander greifen. Zuckerberg bekräftigte erneut, dass er darin die Zukunft der Kommunikation sehe.
Auch ohne einen neuen Konzernnamen nehmen die „Metaverse“-Aktivitäten immer mehr Gestalt an. So kündigte Facebook an, dass der bisherige Bereich rund um virtuelle Realität - die Facebook Reality Labs - vom kommenden Quartal an separat in der Bilanz ausgewiesen werden solle.
Zukunftsprojekt „Metaverse“ - Werbeeinnahmen steigen
Die Reality Labs dürften der Unternehmensteil sein, in dem das „Metaverse“ in den kommenden Jahren vor allem entwickelt wird. Im aktuellen Quartalsbericht hieß es, dass die Investitionen in die Sparte den operativen Gewinn von Facebook allein in diesem Jahr um rund zehn Milliarden Dollar drücken würden. Mehr Kosten folgen: In den nächsten ein bis drei Jahren werde der Konzern erst eine Basis für das „Metaverse“ legen, sagte Zuckerberg. „Das ist keine Investition, die für uns in absehbarer Zukunft profitabel sein wird.“
Das Geld für die Zukunftsprojekte liefert nach wie vor das Werbegeschäft. Im dritten Quartal stiegen die Anzeigenerlöse im Jahresvergleich um rund ein Drittel auf 28,3 Milliarden Dollar. Dabei beklagte Facebook noch „Gegenwind“ vor allem durch Apples neue Regeln für mehr Privatsphäre auf dem iPhone.
Alle App-Entwickler müssen seit Sommer iPhone-Nutzer ausdrücklich um Erlaubnis fragen, wenn sie ihre Aktivitäten quer über verschiedene Anwendungen und Dienste hinweg zu Werbezwecken verfolgen wollen. Nach Umfragen lehnen die meisten Nutzer dies ab. Entsprechend geraten viele bisherige Geschäftsmodelle der Werbebranche durcheinander. Facebook zufolge wurde es schwieriger, die Werbung zu personalisieren und Werbekunden Daten zur Effizienz ihrer Anzeigen zu liefern.
Beim gesamten Konzernumsatz im vergangenen Quartal verfehlte Facebook nun die Erwartungen der Analysten. Sie hatten im Schnitt mit gut 29,5 Milliarden Dollar gerechnet. Facebook schaffte ein Plus von 35 Prozent auf 29 Milliarden Dollar (rund 24,5 Mrd Euro). Allerdings übertraf der Konzern die Marktprognose beim Gewinn je Aktie. Unterm Strich verdiente Facebook rund 9,2 Milliarden Dollar - ein Plus von 17 Prozent im Jahresvergleich.
Die Zahl täglich bei Facebook aktiver Nutzer stieg binnen drei Monaten von 1,91 auf 1,93 Milliarden. Auf mindestens eine App aus dem Facebook-Konzern - wie zum Beispiel Instagram oder WhatsApp - griffen zuletzt täglich 2,81 Milliarden Nutzer zu. Zum Ende des zweiten Quartals waren es 2,76 Milliarden.
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