Wolfsburg (dpa)
Flick denkt noch nicht an Impfpflicht - WM-Quali im Fokus
Nach dem positiven Corona-Test beim vollständig geschützten Niklas Süle hat die Impfdebatte die Nationalmannschaft mit voller Wucht eingeholt. Bundestrainer Hansi Flick will aber erst noch zwei Sieg holen.
Ein Lächeln huschte über Hansi Flicks Gesicht, als er endlich zur erhofften Tore-Jagd gegen Liechtenstein befragt wurde.
Im Pavillon des DFB-Großsponsors VW musste sich der Bundestrainer nach dem positiven Test bei Bayern-Star Niklas Süle erst ausgiebig zur heiklen Corona-Lage im Nationalteam äußern, die er aber jetzt noch ausblenden will. Eine mögliche Impfpflicht für Deutschlands beste Fußballer soll erst im kommenden WM-Jahr Thema werden.
„Was meine Meinung ist, ganz klar, wünsche ich mir natürlich schon, dass die Spieler geimpft sind“, sagte Flick in Wolfsburg. „Aber letztendlich ist es ihre eigene Sache.“ Den Verlauf der vergangenen beiden Tage in der Autostadt vor dem bedeutungslosen WM-Qualifikationsspiel am 11. November (20.45 Uhr/RTL) gegen den 190. der FIFA-Weltrangliste, das als große Abschiedsbühne für Joachim Löw genutzt werden soll, habe er sich „natürlich auch ganz anders vorgestellt“.
Schutz vor Corona wird das Team noch länger beschäftigten
Fast genau zwölf Monate vor dem WM-Eröffnungsspiel in Doha bekam der Bundestrainer eindrücklich vor Augen geführt, welche Folgen eine Corona-Infektion für seine aufblühende Mannschaft haben kann. Neben dem vollständig geimpften Süle mussten auch Joshua Kimmich, Jamal Musiala, Serge Gnabry und Karim Adeyemi in Quarantäne abreisen. Kimmich hatte zuletzt selbst bestätigt, nicht geimpft zu sein. Zum Impfstatus von Musiala, Gnabry und Adeyemi macht der Deutsche Fußball-Bund keine Angaben.
„Wir müssen einfach schauen, wie wir das in Zukunft machen, das wird uns noch länger beschäftigten, wie wir uns schützen“, sagte Flick mit Blick auf die Pandemielage. „Ich hoffe, dass es solche Themen, dass wir fünf Spieler nach Hause schicken müssen aufgrund von Corona, nicht mehr gibt, das würde ich mir wünschen.“
Flick und auch Thomas Müller gaben sich große Mühe, den Fokus auf das Sportliche zu lenken. „Man darf das auch nicht überdramatisieren, damit ist die ganze Gesellschaft konfrontiert, jeder Mensch hat das im Tagtäglichen“, sagte Müller, der getrennt von Süles kleiner Reisegruppe am Teamhotel vorgefahren war. Der Weltmeister von 2014 hatte sich vorbereitet und antwortete professionell auf die Fragen, die an anderen Stellen von Politik und Gesellschaft so emotional geführt werden, dass kaum noch ein Konsens möglich ist.
Müller könne „kein Torfestival“ versprechen
„Wir sehen da jetzt wenig Komisches“, sagte Müller zur Abreise seiner Teamkollegen. „Das ist der aktuelle Status quo, an den müssen wir uns anpassen.“ Er sei auch „nicht der, der der ganzen Welt zu sagen hat, wie es zu funktionieren hat“. Und jetzt Liechtenstein. „Wir haben ein gutes Training absolviert und sind, ja, bereit für morgen. Das ist ganz klar“, sagte Müller.
Er könne „kein Torfestival“ versprechen gegen den Außenseiter, der die DFB-Auswahl beim 2:0 im Hinspiel im September mit extrem defensiver Taktik ziemlich geärgert hatte. Doch selbst nach der Abreise des Corona-Quintetts und den verletzungsbedingten Ausfällen von Florian Wirtz, Nico Schlotterbeck und nun auch noch von Julian Draxler (muskuläre Verletzung) zählt für Deutschland vor 26.000 Zuschauern in der VW-Arena nur ein überzeugender Sieg.
„Die Stimmung in der Mannschaft ist in Ordnung“
Vor dem Anpfiff wird Weltmeister-Coach Löw für dessen Verdienste in 15 Bundestrainer-Jahren geehrt. „Für mich ist er der beste Bundestrainer, den wir je hatten. Er hat den deutschen Fußball einfach anders aufgestellt“, sagte Flick der Deutschen Presse-Agentur.
Ob er dann dem jungen Neuling Lukas Nmecha an seinem Arbeitsort in der Startelf dessen Debüt gönnt, ließ der Bundestrainer offen. Borussia Dortmunds Julian Brandt winkt bei seiner Rückkehr ein Einsatz, Kimmich dürfte in der Schaltzentrale des Mittelfelds von Ilkay Gündogan ersetzt werden. Am 13. November fliegt die DFB-Auswahl nach Eriwan zur abschließenden Partie gegen Armenien, das noch auf Playoff-Platz zwei der Gruppe J hofft.
„Die Stimmung in der Mannschaft ist in Ordnung“, sagte Flick, der betonte, das Jahr mit zwei Siegen abrunden zu wollen. „Natürlich“ sei Unruhe zu spüren gewesen. „Aber es geht weiter“, betonte der 56-Jährige. „Wir sind zurück in der Normalität und wir müssen morgen abliefern.“ Auf die Personallage müsse sich das Team nun mal einstellen - aber das, so Flick, sei immer schon „eine große Stärke“ der Mannschaft gewesen.
Gegen Liechtenstein und Armenien scheint das kein Problem. Aber im kommenden Sommer in der Nations League oder spätestens bei der WM-Endrunde in Katar? Corona-Ausfälle würden schwer wiegen. Flick betonte, es gebe in Deutschland keine Impfpflicht und jene, die sich nicht impfen lassen, dürften nicht verurteilt werden. „Für mich ist es trotzdem der einzige Weg aus der Pandemie, dass man sich impfen lässt“, sagte der Bundestrainer. „Jeder hat am Ende die Verantwortung für sich und das Recht, das zu verweigern.“
Die voraussichtlichenAufstellungen:
Deutschland: Neuer (Bayern München/35 Jahre/107 Länderspiele) - Hofmann (Borussia Mönchengladbach/29/8), Ginter (Borussia Mönchengladbach/27/44), Rüdiger (FC Chelsea/28/48), Kehrer (Paris Saint-Germain/25/14) - Goretzka (Bayern München/26/40), Gündogan (Manchester City/31/52) - Sané (Bayern München/25/38), Reus (Borussia Dortmund/32/47), Brandt (Borussia Dortmund/25/35) - Müller (Bayern München/32/108)
Liechtenstein: Büchel (FC Vaduz/32/40) - Wolfinger (FC Balzers/30/46), Malin (Rot-Weiss Rankweil/27/32), Kaufmann (USV Eschen/Mauren/30/64), Hofer (FC Biel/24/20), Göppel (USV Eschen/Mauren/24/46) - Meier (USV Eschen/Mauren/23/20), Frommelt (USV Eschen/Mauren/20/14), Hasler (FC Thun/30/80) - Salanovic (AC Oulu/25/46), Frick (vereinslos/23/24)
Schiedsrichterin: Ivana Martinčić (Kroatien)
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