Garmisch-Partenkirchen (dpa)

Zugspitze startet in die neue Skisaison

Sabine Dobel, dpa
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Von Sabine Dobel, dpa
| 19.11.2021 05:28 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Deutschlands höchstgelegenes Skigebiet an der Zugspitze startet den Wintersportbetrieb. Foto: Angelika Warmuth/dpa
Deutschlands höchstgelegenes Skigebiet an der Zugspitze startet den Wintersportbetrieb. Foto: Angelika Warmuth/dpa
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Lange waren fast alle Pisten in Deutschland pandemie-bedingt geschlossen. Jetzt hat als erstes Gebiet die Zugspitze eröffnet.

Strahlender Sonnenschein, frisch überzuckerte Pisten: Es ist ein Bilderbuchstart für das Skigebiet an der 2962 Meter hohen Zugspitze - als erstes bundesweit hat es am Freitag die Saison eröffnet.

Eineinhalb Jahre haben die Wintersportler darauf gewartet. Erstmals nach dem Lockdown im Winter 2020/2021 laufen an Deutschlands höchstem Berg wieder Skilifte - trotz rasant steigender Inzidenzen und extremer Corona-Lage.

Mitten in den ersten Skitag platzte prompt die Nachricht vom Lockdown in Österreich und der Verschärfung der Maßnahmen in Bayern - mit einer Absage der Weihnachtsmärkte und Einschränkungen für Kultur- und Sportveranstaltungen. Nur Geimpfte und Genesene dürfen bisher in die Bergbahnen steigen, es könnte aber unter Umständen bald auch 2G plus gelten. Die Zugspitzbahn fahre zunächst mit 2G-Regel weiter, sagte Sprecher Klaus Schanda. Man warte auf die konkreten Vorgaben.

Umfangreiche Hygienekonzepte

Es gebe umfangreiche Hygienekonzepte, sagt der Vorstand der Bayerischen Zugspitzbahn, Matthias Stauch, der auch Präsident des Verbandes Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte (VDS) ist. „Jetzt hoffen wir, dass es auch weitergehen kann.“

Die ersten Skifahrer waren frühmorgens da: Eine Stunde vor der ersten Bahn standen die ersten mit Skiern an der Talstation. „Man merkt, der Drang zum Skifahren ist nach so langer Zeit wieder da“, sagt Stauch. 2020/2021 war wegen der Pandemie in Deutschland praktisch komplett ausgefallen. Sollte diese Saison platzen, wäre das „eine völlige Katastrophe“. „Man kann den Verlust aus der letzten Saison nicht wettmachen. Das würde für viele Betriebe existenzbedrohend.“ Der VDS schätzt die Verluste der Mitglieder auf 99 Millionen Euro.

Viele Skigebiete beklagen mangelnde Planungssicherheit. Den Auftakt an der Zugspitze werteten sie als zunächst gutes Signal. „Wir freuen uns, dass der Skibetrieb startet“, sagt Julian Pape, Projektleiter der Wintersportarena Sauerland. „Ein Anfang ist gemacht.“

Zu den Ersten an der Zugspitzbahn gehörte Tobias Hentschel. „Ich bin sehr happy. Ich hab schon die ganze Zeit ein Grinsen unter der Maske“, sagt er. Für ihn ist der Skibetrieb „vertretbar“. „Aber ich habe auch gemischte Gefühle.“ Hentschel ist Assistenzarzt auf der Intensivstation am Unfallklinikum Murnau. Nach dem Skitag fährt er dorthin zur Nachtschicht - und kümmert sich um Corona-Patienten. Dass Skiunfälle dazukommen könnten, könne „zu Kollisionen führen“. Genau einschätzbar sei es nicht. „Wir stellen uns jeden Tag neu auf.“

Die Kliniken in Bayern sind schon jetzt voll. Die Krankenhausampel steht auf Rot. Planbare Operationen werden verschoben. Es gilt der Katastrophenfall. Die Inzidenz im Freistaat liegt über 600.

„Es ist schon ein komisches Gefühl dabei“, sagt die Garmischerin Sandra, die mit ihrem Mann ihre Schwünge zieht. Die Entscheidung für den Skitag hat sie sich nicht leicht gemacht. „Wir haben uns echt Gedanken gemacht. Aber Corona wird uns begleiten die nächsten Jahre.“

Verunsicherung bei Liftbetreibern und Hoteliers

Liftbetreiber, aber auch Hoteliers spüren die Verunsicherung wegen steigender Inzidenzen und schärferer Corona-Regeln. Viele Menschen halten sich mit der Planung für den Winterurlaub zurück. Bisher würden Unterkünfte in beliebten Orten eher verhalten gebucht, teilten die Tourismusregionen Allgäu, Oberbayern und Bayerischer Wald mit. Auch an der Zugspitze blieb der große Ansturm aus. Rund 1000 Wintersportler waren am ersten Tag da, etwas weniger als sonst.

An den Liften stehen die Skifahrer mit Maske an, das Personal achtet akribisch auf die Einhaltung. Viele loben die strikten Kontrollen. Mancher ist aber skeptisch, ob die Saison lange dauern wird. Sätze wie diesen hört man oft: „Wir genießen es - solange es geht.“ Auch wenn mangels Schnee nur die beiden Sessellifte fahren und die Unterlage aus Altschnee besteht, die Gäste sind zufrieden: „Super“. Tagelang waren Mitarbeiter der Bahn mit Pistenraupen unterwegs, um den in Depots gelagerten Schnee vom Vorjahr zu verteilen.

In anderen Skigebieten laufen Vorbereitungen. Zu Weihnachten, hoffen die Betreiber, sollen die Lifte laufen. Hygienemaßnahmen und Regeln seien umsetzbar - „wenn wir fahren dürfen und kein Lockdown kommt“, sagt Peter Lorenz, Geschäftsführer von Alpenbahnen Spitzingsee, Brauneck und Wallbergbahn und Vorstandsmitglied im VDS.

Für die Skisaison in Österreich zogen am Freitag dunkle Wolken auf. Die Regierung kündigte einen bundesweiten harten Lockdown ab Montag an. Er soll drei Wochen lang dauern. Regelungen für den Tourismus wurden zwar nicht sofort bekannt, doch in vergangenen Lockdowns durften praktisch nur Einheimische die Skilifte nutzen. Diese fahren in Österreich schon etwa im Stubai, in Sölden und in Hintertux. Der Ort Ischgl, von dessen Après-Ski-Szene sich das Virus Anfang 2020 weit verbreitet hatte, wollte nächste Woche starten - mit einem strikten Hygienekonzept und Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen.

© dpa-infocom, dpa:211119-99-56648/6

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