Berlin (dpa)
Grünen-Experte fordert Patientenverlegungen vorzubereiten
Zuletzt kamen Tag für Tag Zehntausende neue Corona-Fälle dazu. Den Krankenhäusern bringt das absehbar eine Belastungswelle - in manchen sind Intensivbetten schon knapp. Doch wohin dann mit mehr Patienten?
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen fordert wegen der anhaltend starken Zunahme von Corona-Infektionen umfassende Vorbereitungen für Patientenverlegungen in andere Kliniken.
Dies sei „ein koordinativer Kraftakt“, der frühzeitig und zentral gesteuert werden sollte, sagte der Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur. „Es ist durchaus realistisch, dass Hunderte Patienten in Kürze verlegt werden müssen.“ Für diese Herausforderung brauche es endlich einen operativen Bund-Länder-Krisenstab, den es bereits seit Beginn der Pandemie hätte geben müssen.
„Schon nächste Woche werden zahlreiche Intensivstationen keine neuen Patienten mehr aufnehmen können“, warnte Dahmen. Im Süden und Osten des Landes reichten die Versorgungskapazitäten absehbar nicht aus. „Da wir wissen, dass etwa 0,7 Prozent aller Neuinfizierten auf der Intensivstation landen werden, können wir den Bedarf an Intensivbetten heute bereits zuverlässig für die nächsten zehn Tage vorhersagen.“ Daher müsse jetzt mit länderübergreifender Koordination und der logistischen Organisation der Patientenverteilung begonnen werden. „Das gelingt nur zentral und nicht, indem wir es auf ohnehin überlasteten Schultern abladen.“
Am Anfang müsse die Frage stehen, wie viele Intensivbetten bereits jetzt absehbar gebraucht würden - und wo in Deutschland es noch eine entsprechend große Anzahl freier Betten gebe. „In überfüllten Kliniken muss jetzt ermittelt werden, welche Patienten medizinisch für eine Verlegung überhaupt infrage kommen“, sagte Dahmen. Zudem müssten Patientendaten an aufnehmende Kliniken übermittelt werden.
Grünen-Experte kritisiert Hospitalisierungsrate
Der Grünen-Experte kritisierte, die von Bund und Ländern gewählte Hospitalisierungsrate sei ungeeignet als zentraler Maßstab für das jetzige Krisenmanagement. „Dieser Indikator erlaubt kein frühzeitiges Agieren, nur spätes Reagieren.“ In der Ereigniskette nach einer Ansteckung sei die Krankenhausaufnahme der letzte Faktor. Zudem habe sich gezeigt, dass die Hospitalisierungsrate wegen Nachmeldungen ständig nachträglich korrigiert werden musste. Der tagesaktuelle Wert sei deutlich zu niedrig und entsprechend sehr unzuverlässig. Als Leitindikatoren seien die Sieben-Tages-Inzidenz und die Verfügbarkeit und Belegung der Intensivbetten weiterhin am sinnvollsten.
Bund und Länder hatten vereinbart, dass bei Überschreiten bestimmter Belastungsschwellen der Kliniken einheitlich härtere Corona-Maßnahmen greifen sollen. Orientierungsgröße soll die Hospitalisierungsrate des jeweiligen Landes sein. Dafür erfasst das Robert Koch-Institut (RKI) gemeldete Klinikaufnahmen von Corona-Patienten pro 100 .00 Einwohner in einem Sieben-Tage-Zeitraum. Ausgehend davon soll es drei Stufen mit jeweils weitergehenden Beschränkungen geben - unter anderem mit flächendeckenden Zugangsregeln nur für Geimpfte und Genesene (2G).
Dahmen nannte es unverständlich, dass Länder wie beispielsweise das unionsgeführte Sachsen-Anhalt erforderliche und von der Bund-Länder Runde beschlossene Maßnahmen wie 2G plus (zusätzlich mit Test) und konsequente Kontaktbeschränkungen immer noch nicht umsetzten.
© dpa-infocom, dpa:211121-99-82714/2