Washington (dpa)
Biden nominiert Notenbankchef Powell für zweite Amtszeit
Der US-Präsident entscheidet sich bei der Besetzung der künftigen Fed-Spitze für Kontinuität. Die größte Herausforderung für Powell und seine neue Stellvertreterin Brainard dürfte die Inflation werden.
US-Präsident Joe Biden hat den Chef der Notenbank Federal Reserve (Fed), Jerome Powell, für eine zweite Amtszeit nominiert.
Die Fed brauche ein „zuverlässige, geübte und prinzipientreue Führung“ und ein Team an der Spitze, das die nötigen Entscheidungen unabhängig und integer treffe, sagte Biden im Weißen Haus. Kaum eine Institution sei bei der Überwindung der Corona-Krise und der erfolgreichen wirtschaftlichen Erholung wichtiger. Die Fed werde weiter ihre beiden Ziele ausbalancieren, für Vollbeschäftigung und Preisstabilität zu sorgen.
Der Senat muss Powells Nominierung noch zustimmen, was allerdings eher eine Formalie sein dürfte. Die absehbare Kontinuität an der Spitze der mächtigen Notenbank wurde von den Finanzmärkten positiv aufgenommen. Die US-Börsen legten zu, Auftrieb erhielt auch der US-Dollar.
Der 68-jährige Powell führt die Notenbank der weltgrößten Volkswirtschaft bereits seit Februar 2018. Der damalige Präsident Donald Trump, ein Republikaner, hatte ihn für eine vierjährige Amtszeit nominiert. Powell war zuvor bereits seit 2012 Mitglied des Zentralbankrats gewesen.
Powell sagte im Weißen Haus, die Fed sei sich bewusst, dass die zuletzt stark gestiegene Inflation viele Familien in den USA belaste. „Wir werden unsere Instrumente nutzen, um sowohl die Wirtschaft als auch einen starken Arbeitsmarkt zu stützen und um zu verhindern, dass sich die höhere Inflation festsetzt“, sagte Powell.
Biden lobte insbesondere Powells entschlossene Führung während der Corona-Krise. Die Zentralbank war wegen der Pandemie ab März 2020 auf eine extrem lockere Geldpolitik umgeschwenkt. Die Fed senkte ihren Leitzins auf nahe Null und startete weitere Programme, um Konjunktur und Arbeitsmarkt zu stützen. Inzwischen fährt die Fed ihre Unterstützung angesichts des Aufschwungs behutsam etwas zurück.
Als Vize-Chefin der Fed nominierte Biden die promovierte Ökonomin Lael Brainard, die bereits seit 2014 dem siebenköpfigen Zentralbankrat angehört. Auch ihre Ernennung muss noch vom Senat bestätigt werden.
Einige eher linke Parteimitglieder, darunter die einflussreiche Senatorin Elizabeth Warren, hatten den Demokraten Biden zuletzt unter Druck gesetzt, Powell keine zweite Amtszeit zu gewähren. Warren hatte die von Powell, einem Juristen und früheren Investmentbanker, vorangetriebenen Lockerungen der Bankenregulierung kritisiert und ihn als „gefährlichen Mann“ bezeichnet. Viele Linke warben daher für die Demokratin Brainard, die vom damaligen Präsidenten Barack Obama ernannt worden war, als neue Chefin.
Biden betonte, in dieser für die Wirtschaft entscheidenden Phase brauche es am Ruder der Fed „Stabilität und Unabhängigkeit“. Powell habe bereits unter der Regierung von Donald Trump bewiesen, dass er unabhängig und dem Mandat der Notenbank verpflichtet handle. Trump hatte Powell auf Twitter häufig wüst beschimpft.
Biden betonte, er habe volles Vertrauen, dass Powell und Brainard nach der Feuerprobe der vergangenen 20 Monate die Fed weiter erfolgreich führen werden. Er sagte, Powell und Brainard teilten auch seine tiefe Überzeugung, dass dringendes Handeln gefordert sei, um gegen die wirtschaftlichen Risiken des Klimawandels vorzugehen.
Die US-Notenbank ist den Zielen der Preisstabilität und der Vollbeschäftigung verpflichtet. Die Fed kann unter anderem über die Instrumente der Zinssätze und der Geldmenge wirtschaftliche Entwicklungen und Entscheidungen mitprägen. Das Handeln der Fed beeinflusst auch den Kurs des US-Dollars als globale Leitwährung. Zudem ist die Notenbank auch für einen Teil der Finanzmarktregulierung in den USA zuständig. Der Fed-Chef gilt als einer der einflussreichsten wirtschaftlichen Akteure überhaupt.
Eine große Herausforderung für Powells zweite Amtszeit dürfte die Inflation werden. Die Fed vertritt die Auffassung, dass die höheren Preise vor allem ein vorübergehendes Phänomen infolge des Aufschwungs nach der Corona-Krise sind. Auch höhere Energiepreise und temporäre Probleme mit globalen Lieferketten wie der Mangel an Computerchips werden als Gründe für die hohe Teuerungsrate genannt.
Falls der Anstieg der Teuerung jedoch nicht nachlassen sollte, müsste die Zentralbank früher oder später eingreifen, um die Inflationsrate wieder auf ihr mittelfristiges Ziel von zwei Prozent zu senken. Um die Inflation auszubremsen, könnte die Zentralbank den Leitzins erhöhen, was auch den wirtschaftlichen Aufschwung stoppen könnte.
© dpa-infocom, dpa:211122-99-98798/7