Berlin (dpa)

Labortests: Immunreaktion bei Omikron-Variante schwächer

| 08.12.2021 15:31 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Biontech-Labordaten zufolge sind drei Impfdosen für einen ausreichenden Schutz vor der Omikron-Variante des Coronavirus notwendig. Foto: Michael Reichel/dpa-Zentralbild/dpa
Biontech-Labordaten zufolge sind drei Impfdosen für einen ausreichenden Schutz vor der Omikron-Variante des Coronavirus notwendig. Foto: Michael Reichel/dpa-Zentralbild/dpa
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Seit der Entdeckung von Omikron fürchten Experten, die Variante könne der Schutzwirkung der Impfungen entgehen. Nun liegen erste Labor-Daten vor. Doch damit sind längst nicht alle Fragen geklärt.

Erste Labor-Untersuchungen zur Wirkung von Corona-Impfstoffen gegen Omikron deuten auf eine vergleichsweise schwache Abwehrreaktion gegen die neue Variante hin.

Die Virologin Sandra Ciesek vom Universitätsklinikum Frankfurt veröffentlichte am Mittwoch erste Ergebnisse auf Twitter, die eine deutlich reduzierte Antikörper-Antwort verschiedener Impfstoffe auf die neue Variante zeigen. Auch die Unternehmen Biontech und Pfizer teilten am Mittwoch mit, dass vorläufigen Ergebnissen zufolge zwei Dosen ihres Impfstoffes nicht ausreichend vor einer Infektion mit der kürzlich entdeckten Variante schützen. Eine Booster-Dosis sei nötig, um den Antikörper-Spiegel zu erhöhen. Bereits am Vortag hatten südafrikanische Experten ähnliche Daten zu einer schwächeren Antikörperantwort vorgelegt. Alle vorgestellten Daten sind bislang nicht von Fachkollegen begutachtet und nicht in einem Fachmagazin veröffentlicht.

„Die Daten bestärken, dass die Entwicklung eines an Omikron angepassten Impfstoffs sinnvoll ist“, schrieb Ciesek zu den von ihr vorgestellten Ergebnissen auf Twitter. Sie wies aber auch daraufhin, dass die Daten keine Aussage darüber erlaubten, inwieweit Geimpfte bei Ansteckung mit der Omikron-Variante vor einem schweren Verlauf geschützt sind. Denn die Immunantwort beruht nicht nur auf Antikörpern, sondern beispielsweise auch auf T-Zellen.

Die Impfstoff-Entwickler Pfizer und Biontech gehen davon aus, dass bereits zwei Dosen ihres Impfstoffes vor schweren Erkrankungen schützen. Die T-Zellen, die auf die Impfung hin gebildeten würden, seien von den Mutationen der Omikron-Variante nicht betroffen.

Um die Wirkung eines Impfstoffs gegen eine bestimmte Variante von Sars-CoV-2 zu untersuchen, machen Forscher in der Regel sogenannte Neutralisationstests. Es wird geschaut, wie viele Antikörper ein Geimpfter im Blut hat, die an die Virusvariante binnen können und sie damit ausschalten. Der tatsächliche Schutz von Geimpften kann damit aber nicht bestimmt werden, dafür braucht es klinische Studien mit Tausenden Probanden oder Auswertungen des laufenden Infektionsgeschehens.

Omikron: Antikörperantwort geringer

Den Angaben von Ciesek zufolge ist die Antikörperantwort gegen Omikron drastisch reduziert im Vergleich zur Delta-Variante - sie sei bis zu 37-fach geringer. Auch bei Menschen mit Auffrischimpfung gebe es eine Reduktion. Völlig schutzlos seien Geimpfte aber nicht, betonte der Immunologe Carsten Watzl. „Die Ergebnisse zeigen ganz klar, dass auch die neutralisierenden Antikörper von Geimpften in der Lage sind, Omikron zu binden und zu neutralisieren. Die Impfungen sind also nicht nutzlos“, kommentiert der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie die Ergebnisse. „Aber: Man braucht deutlich höhere Antikörperspiegel, um Omikron noch erfolgreich zu neutralisieren – ungefähr 40-fach mehr.“

Christian Drosten wies darauf hin, dass die Ergebnisse bisher vorgestellter Untersuchungen zu ähnlichen Ergebnissen kämen und kommt zu dem Schluss: „Es sieht nicht gut aus für zweifach Geimpfte. Dritte Dosis nötig“, twitterte der Virologe von der Berliner Charité. Drosten geht davon aus, dass Omikron in Deutschland ab Januar Probleme verursachen werde. Wahrscheinlich werde die Variante die Anpassung der vorhandenen Impfstoffe nötig machen, sagte er am Dienstagabend im Podcast „Coronavirus-Update“ bei NDR-Info.

Die Unternehmen Biontech und Pfizer haben bereits damit begonnen, eine an die Omikron-Variante angepasste Version ihres Impfstoffs zu entwickeln. Diese Arbeiten würden fortgesetzt, erste Chargen könnten produziert und bei Genehmigung durch die Behörden innerhalb von 100 Tagen ausgeliefert werden, hieß es von den Unternehmen am Mittwoch. Bei Bedarf könne ab März ein angepasster Impfstoff bereitgestellt werden. Die erwarteten Produktionsmengen von vier Milliarden Dosen des Impfstoffs im Jahr 2022 würden sich auch bei einer nötigen Anpassung nicht ändern.

Ihren Untersuchungen zufolge war das Neutralisierungspotenzial nach zwei Dosen des Impfstoffs im Vergleich zum Wildtyp des Erregers um das 25-Fache reduziert. Die Booster-Dosis erhöhte den Antikörper-Spiegel den Angaben zufolge um das 25-Fache. Diese Antikörper-Spiegel würden mit einer hohen Wirksamkeit sowohl gegen das Wildtyp-Virus als auch gegen zuvor aufgetauchte Varianten in Verbindung gebracht. Daten zur Langlebigkeit der durch den Booster induzierten Antikörpertiter würden derzeit noch erhoben.

833.000 Booster-Impfungen am Dienstag

In Deutschland haben mittlerweile 15,6 Millionen Menschen eine zusätzliche Auffrischungsimpfung gegen das Coronavirus erhalten. Das entspricht 18,7 Prozent der Gesamtbevölkerung, wie aus den Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Mittwoch hervorgeht. Demnach sind allein am Dienstag 833.000 Auffrischimpfungen gegen das Coronavirus verabreicht worden. Insgesamt gab es am Dienstag 973.000 Impfungen gegen das Virus.

Ärzteverbände beklagen aber nach wie vor einen Mangel an Verlässlichkeit bei der Lieferung von Corona-Impfstoffen. „Bei diesem Tempo ist das Ziel von 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten nicht völlig unrealistisch“, sagte Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). Der Fortschritt werde aber von der Politik ausgebremst. Für die Impfungen in dieser Woche hätten Vertrags- und Betriebsärzte sowie der Öffentliche Gesundheitsdienst insgesamt rund 6,5 Millionen Dosen Biontech bestellt. „Geliefert werden wohl aber nur 2,9 Millionen Dosen und damit weniger als die Hälfte.“

© dpa-infocom, dpa:211208-99-304313/5

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