Washington (dpa)

Bidens Sozial- und Klimapaket wegen Abweichler vor dem Aus?

| 19.12.2021 16:35 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Das US-Kapitol in Washington, Sitz von Repräsentantenhaus und Senat. Foto: Anna Moneymaker/Pool Getty Images North America/AP/dpa
Das US-Kapitol in Washington, Sitz von Repräsentantenhaus und Senat. Foto: Anna Moneymaker/Pool Getty Images North America/AP/dpa
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US-Präsident Joe Biden will eigentlich ein Billionen Dollar umfassendes Gesetzespaket für Klima- und Sozialpolitik auf den Weg bringen. Aber ein demokratischer Senator verweigert die Zustimmung.

Eines der innenpolitischen Kernvorhaben von US-Präsident Joe Biden steht womöglich vor dem Aus. Trotz monatelanger Überzeugungsarbeit gelang es dem Demokraten nicht, im Senat alle Parteikollegen für sein geplantes billionenschweres Sozial- und Klimapaket an Bord zu holen.

Der demokratische Senator Joe Manchin, der das Projekt seit langem aufhält, kündigte am Sonntag sein Nein an. Für Biden und seine Partei bedeutet dies ein Jahr vor den Kongresswahlen ein echtes Problem. Das Weiße Haus reagierte mit Unverständnis und Ärger.

Dem Fernsehsender Fox News sagte Manchin, er habe seit jeher Vorbehalte und könne nicht für das Vorhaben stimmen. „Ich kann es einfach nicht. Ich habe alles Menschenmögliche versucht.“ Auf die Nachfrage, ob seine Entscheidung endgültig sei, antwortete der Senator aus dem Bundestaats West Virginia: „Dies ist ein Nein zu dieser Gesetzgebung. Ich habe alles versucht, was ich kann.“ Biden kenne seine Bedenken. Es gebe dringende Probleme wie Corona und die steigende Inflationsrate, auf die man sich nun konzentrieren müsse.

Kurz darauf veröffentlichte Manchin eine ähnlich lautende schriftliche Erklärung. Da die Demokraten im US-Senat nur eine hauchdünne Mehrheit haben und die Republikaner das Paket ablehnen, ist der Präsident in der Kammer auf die Stimme des Senators angewiesen. Ob sich das Projekt noch retten lässt - oder zumindest Teile davon -, ist unklar.

Scharfe Kritik aus dem Weißen Haus

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, reagierte in ungewöhnlich scharfer Tonlage: Manchin habe versprochen, in den kommenden Tagen weitere Gespräche zu führen und nach einem Kompromiss zu suchen. Sollte dies nun ein Ende dieser Bemühungen bedeuten, sei das „eine plötzliche und unerklärliche Kehrtwendung und ein Bruch seiner Verpflichtungen gegenüber dem Präsidenten und den Kollegen des Senators im Repräsentantenhaus und im Senat“.

Das Weiße Haus werde weiter auf ihn einwirken, um zu sehen, „ob er seine Position noch einmal ändert, um seine früheren Zusagen einzuhalten und zu seinem Wort zu stehen“, sagte Psaki. Der Kampf für das Paket sei zu wichtig. Man werde „einen Weg finden, nächstes Jahr weiterzumachen“.

In dem Entwurf für das Gesetzespaket ist unter anderem vorgesehen, die mitunter immensen Kosten für Kinderbetreuung für viele Familien zu reduzieren, Familien steuerlich zu entlasten und Gesundheitsleistungen auszubauen. Mehr als 500 Milliarden Dollar sind für den Kampf gegen die Klimakrise eingeplant, darunter Investitionen in erneuerbare Energien oder Steueranreize für den Kauf von Elektroautos. Das Repräsentantenhaus hatte das Paket im November mit einer knappen Mehrheit der Demokraten verabschiedet. Die Zustimmung der anderen Kongresskammer, des Senats, fehlt aber.

Manchin sorgt für neue Konflikte unter den Demokraten

Demokraten reagierten erbost auf Manchins Ankündigung. Die demokratische Abgeordnete Ayanna Pressley warf ihm vor, die Agenda des Präsidenten auf verantwortungslose Weise zu behindern. Senator Bernie Sanders sagte dem Sender CNN, Manchin werde den Menschen in West Virginia erklären müssen, warum er ihnen wichtige soziale Verbesserungen vorenthalte.

Dass ein Kernprojekt des Präsidenten aus den eigenen Reihen derart torpediert wird, ist ungewöhnlich. Biden hat sein ganzes politisches Gewicht in die Waagschale geworfen, um das Vorhaben durchzusetzen. Das Sozial- und Klimapaket sowie das bereits beschlossene Paket mit großen Infrastrukturinvestitionen gehören zu den Kernanliegen seiner Präsidentschaft - sie sollten so etwas wie sein Vermächtnis sein.

Dass Biden nun trotz einer - wenn auch hauchdünnen - Mehrheit in beiden Kongresskammern nicht in der Lage scheint, dies durchzusetzen, kratzt an seiner Autorität. Vor den Kongresswahlen im November 2022 bräuchten er und seine Partei das Paket als Erfolg - zumal sie ihre Mehrheit in beiden Kammern verlieren könnten.

Außerdem verschärft Manchins Ankündigung interne Flügelkämpfe und eine Vertrauenskrise innerhalb der Demokratischen Partei. Liberale Demokraten hatten das zuvor beschlossene Infrastrukturpaket mitgetragen unter der Prämisse, dass moderate Demokraten auch dem Sozial- und Klimaschutzpaket zustimmen.

© dpa-infocom, dpa:211219-99-443852/4

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