Berlin (dpa)

Omikron-Welle - „Ungeimpfte jetzt richtig in Gefahr“

Basil Wegener, dpa
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Von Basil Wegener, dpa
| 31.12.2021 03:25 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Der Berliner Virologe Christian Drosten bei einer Pressekonferenz zur Pandemie. Foto: Michael Kappeler/dpa/Archivbild
Der Berliner Virologe Christian Drosten bei einer Pressekonferenz zur Pandemie. Foto: Michael Kappeler/dpa/Archivbild
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Unterschiedliche Corona-Signale zum Jahreswechsel: Omikron könnte seltener schwer krank machen - die rasante Verbreitung erhöht trotzdem das Risiko für Ungeimpfte.

Die Bundesregierung und prominente Virologen haben sich vorsichtig optimistisch über die möglichen Auswirkungen der Omikron-Welle in Deutschland geäußert - zugleich aber vor einer wachsenden Gesundheitsgefahr für Ungeimpfte gewarnt.

„Wir haben zu viele ungeimpfte Leute in Deutschland, gerade über 60, und die sind jetzt natürlich richtig in Gefahr, also für die wird es jetzt richtig gefährlich“, sagte der Berliner Virologe Christian Drosten im Deutschlandfunk. Drosten und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verwiesen zugleich auf Studien über etwas seltenere schwere Krankheitsverläufe durch Omikron.

Der Omikron-Anteil an den Infektionen in Deutschland nimmt laut jüngstem Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) rasant zu. Wie hoch die Omikronwelle bereits ist, ist unklar. Zwischen den Jahren könne die epidemiologische Lage weniger vollständig gezeigt werden, so das RKI. Drosten erläuterte, es gebe in Deutschland wahrscheinlich eine etwas langsamere Omikron-Wachstumsrate als in England. In Großbritannien gab es zuletzt 189.000 Corona-Neuinfektionen am Tag, in Deutschland 41.240. In Großbritannien gebe es alle zwei Tage eine Verdoppelung der Omikron-Fälle, hierzulande etwa alle vier Tage, so Drosten.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte in seiner Neujahrsansprache: „Tun wir miteinander alles - aber auch wirklich alles - dafür, dass wir Corona im neuen Jahr endlich besiegen können.“ Angesichts einer raschen Omikron-Ausbreitung gelte es, alle Impfangebote zu nutzen. „Jetzt kommt es auf Tempo an. Wir müssen schneller sein als das Virus“, sagte Scholz laut vorab verbreitetem Redetext.

Drosten zeigte sich skeptisch auf die Frage, ob sich Deutschland quasi aus der Omikron-Welle herausboostern könne. „Wenn die Verbreitungsgeschwindigkeit in Deutschland deutlich langsamer ist und wenn die auch nochmal im Januar zusätzlich kontrolliert wird, dann ist das rein theoretisch denkbar, aber ich würde das für schwierig halten“, sagte er.

Hoffnung - aber weiter Risiko für Kliniken und Infrastruktur:

Der Bonner Virologe Hendrik Streeck drückte in der Sendung „RTL Direkt“ die Hoffnung aus, „dass wir eine mildere Welle bekommen“. Hoffnung macht Virologen und Regierung, dass bei Omikron die Krankheitsschwere sehr wahrscheinlich abgemildert ist. Hierfür mehrten sich die Daten, sagte Drosten. Ein Ungeimpfter mit Omikron-Infektion trage drei Viertel des Risikos einer Krankenhauseinweisung eines Ungeimpften mit Delta. Lauterbach schrieb auf Twitter über die Daten aus Südafrika, diese zeigten, „dass Omicron sich zwar 4 mal so schnell wie Delta verbreitete, aber deutlich weniger schwere Fälle verursachte“. Klare Schlüsse auf ältere Ungeimpfte lasse die Studie aber nicht zu.

Der Leiter des Intensivregisters der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, Christian Karagiannidis, sagte der „Rheinischen Post“: „Die schiere Anzahl von Neuinfektionen, auf die wir derzeit zusteuern, könnte die Intensivkapazitäten dennoch vor große Herausforderungen stellen, noch mehr aber die Hospitalisierung insgesamt.“ Laut RKI ist weiter mit einer schlagartigen Erhöhung der Infektionen und einer Überlastung des Gesundheitssystems und weiterer Versorgungsbereiche zu rechnen.

Vorschläge für Kontaktbeschränkungen und Quarantäne:

Aus Sicht von Drosten ist relativ klar, dass es die bekannten Kontaktbeschränkungen weiter gebe müsse. „Ich denke schon, dass wir Kontrollmaßnahmen brauchen“, sagte Drosten weiter. Für den 7. Januar ist die nächste Ministerpräsidentenkonferenz zur Corona-Lage anberaumt. Lauterbach hatte Vorschläge für kommende Woche angekündigt. Es gehe etwa darum, was der dynamische Anstieg der Omikron-Fälle für die Kontaktreduzierungen und die Dauer von Quarantänezeiten bedeute. Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Eine Verkürzung der Quarantäne kann sich als sinnvoll erweisen.“ Quarantäne wird für Kontaktpersonen Infizierter angeordnet.

Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) forderte, die epidemische Lage als Rechtsbasis möglicher schärferer Beschränkungen wieder festzustellen. Sie schloss sich damit der Position von Landesgesundheitsminister Heiner Garg (FDP) an.

Aktuell lag die gemessene Inzidenz in Deutschland bei 214,9 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche. Binnen 24 Stunden gab es 323 Corona-Todesfälle. Die meisten der in Deutschland angebotenen Corona-Schnelltests sind unterdessen wohl auch zum Omikron-Nachweis geeignet: Davon sei auf Basis der aktuellen Datenlage auszugehen, so das zuständige Paul-Ehrlich-Institut im Internet.

Mittelfristige Perspektive:

Menschen ohne Impfung sind laut Drosten nach überstandener Omikron-Infektion nicht unbedingt vor Corona geschützt: „Wir können uns nicht ohne weiteres darauf verlassen, dass diejenigen, die jetzt noch nicht geimpft sind und dann Omikron erstmals kriegen, dass die damit auch geschützt sind gegen Delta und alle Vorgängerviren, die co-zirkulieren werden“, sagte er. Geimpfte hingegen würden nach einer weiteren an Omikron angepassten Impfung einen breiten Schutz gegen die Varianten haben. Erwartet wird, dass es im Frühjahr an Omikron angepasste Impfstoffe gibt.

Streeck rechnet nach eigenen Worten mit einem „entspannten Sommer. Drosten sagte, am Donnerstagabend im ZDF-„heute journal“, in Südafrika stelle sich bereits eine endemische Situation ein. „Nur sind wir leider noch ein ganzes Stück davon entfernt.“ Der Übergang zu einer endemischen Situation bedeutet, dass das Virus sich zwar weiter verbreitet, aber weniger gefährlich ist.

© dpa-infocom, dpa:211231-99-548806/5

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