Brüssel/Moskau (dpa)
Nato-Staaten beraten in Sondersitzung über Russland
Russisches Militär marschiert in der Nähe der Ukraine auf, Russland stellt Forderungen an die Nato. Diese reagiert mit einer Sondersitzung.
Die Außenminister der 30 Nato-Staaten wollen am Freitag per Videokonferenz über den russischen Truppenaufmarsch in Nähe der Ukraine und die von Moskau geforderte Vereinbarung über neue Sicherheitsgarantien beraten.
Die für 14.00 Uhr terminierte Sondersitzung werde von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg geleitet, teilte das Militärbündnis am Dienstag mit. Nach Ende der Gespräche sei dann gegen 16.15 Uhr eine Pressekonferenz geplant.
Hintergrund der Beratungen sind unter anderem die bevorstehenden Treffen mit Vertretern Russlands. So soll es in der kommenden Woche Gespräche von Unterhändlern aus Moskau und Washington in Genf geben. Für den 12. Januar ist zudem eine Tagung des Nato-Russland-Rats angesetzt. Bei ihr soll es erstmals seit rund zweieinhalb Jahren wieder einen Austausch zwischen Vertretern der Nato-Staaten und Russlands geben. Es wird erwartet, dass die Außenminister den Kurs für die Beratungen vorgeben.
Forderungen Russlands
Von russischer Seite will Vize-Außenminister Alexander Gruschko teilnehmen, wie die Staatsagentur Tass meldete. Zuvor hatte der Kreml bereits die Teilnahme Moskaus an den Gesprächen bestätigt. Mit dabei seien Vertreter des Außen- und Verteidigungsministeriums.
Russland will erreichen, dass sich die Nato-Staaten verpflichten, auf dem Gebiet der Ukraine und anderer Staaten Osteuropas, des Südkaukasus und in Zentralasien militärische Handlungen zu unterlassen. Zudem wird direkt auch ein Verzicht auf die Aufnahme der Ukraine in die Nato gefordert.
Im Militärbündnis wird mittlerweile davon ausgegangen, dass der aktuelle russische Militäraufmarsch in der Nähe der Ukraine in direkter Verbindung mit den Forderungen Moskaus steht. Demnach soll Angst vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine geschürt werden, um die Nato zu Zugeständnissen zu bewegen. Nato-Generalsekretär Stoltenberg hatte zuletzt immer wieder betont, dass das Bündnis gesprächsbereit sei, sich aber nicht von Russland vorschreiben lassen werde, wen es aufnimmt und wen nicht.
Borrell: Bündnispartner frei wählen
Unterdessen betont der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, die Ukraine habe die Freiheit der Bündniswahl. „Wie jedes andere Land auf der Welt hat die Ukraine das Recht und die Freiheit, ihre Bündnisse und Partnerschaften in Bezug auf Politik und Sicherheit selbst zu wählen“, sagte Borrell der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Niemand werde ohne die Ukraine über Angelegenheiten entscheiden, die das Land direkt betreffen.
Borrell unterstreicht erneut, sollte Russland sich zu einer Aggression gegen die Ukraine entschließen, sei die EU zu energischem Handeln bereit. „Die Situation ist im erweiterten Kontext nicht nur eine Bedrohung der Stabilität und Sicherheit der Ukraine, sondern der gesamten Region“, sagt er.
Borrell reist heute in die Ukraine und wird dort bis Donnerstag bleiben. Zusammen mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba wird er zunächst die Konfliktgebiete in der Ostukraine besuchen, danach begibt er sich nach Kiew.
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