Meinung
Corona-„Spaziergänger“: Selbsternannte Freiheitskämpfer
Die Montags-„Spaziergänger“ in Aurich sind gegen Corona-Maßnahmen und Impfpflicht. Eine Demo ist das aber nicht, eher ein Gruppentreffen im Freien von selbsternannten Verteidigern der Freiheit.
Aurich - Spaziergänger nannten sich die 250 Menschen, die am Montag in Aurich auf die Straße gingen, um gegen die Corona-Maßnahmen und die zur Diskussion stehende Impfpflicht in Deutschland zu demonstrieren. An sich kein Problem.
Aber ein paar Spielregeln müssen beachtet werden: Eine Anmeldung ist erforderlich, Abstände müssen eingehalten und Masken getragen werden. Doch das wollen die Menschen nicht, die sich in diesen Wochen in vielen Städten Deutschlands als „Spaziergänger“ zusammenfinden.
Sie sehen sich als kleine Elite von Erwachten
Vielen geht vor allem darum, sich besser zu fühlen – als Mitglied einer kleinen Elite von Erwachten, die vermeintlich den Durchblick hat. Sie sehen sich als letzte Verteidiger der Freiheit, als Widerstandskämpfer gegen eine angebliche Corona-Diktatur. Und haben dabei offensichtlich nicht verstanden, was eine Diktatur ist.
Ihr „Spaziergang“ ist eher ein Facebook-Gruppentreffen von Impfgegnern im Freien als eine Demo. Überzeugen wollen diese Menschen niemanden. Sonst würden sie etwa Plakate mit konkreten Forderungen hochhalten oder mehr rufen als sinnfreie Parolen wie das Querdenker-Motto „Frieden, Freiheit, keine Diktatur“. So aber reicht es ihnen, sich als angebliche Spaziergänger den Regeln des Rechtsstaats zu entziehen.
Wo Regeln gelten, müssen sie durchgesetzt werden
Was nicht so recht klappt: In Aurich leitete die Polizei 21 Ordnungswidrigkeitsverfahren ein. Gut so. Wo Regeln gelten, müssen sie durchgesetzt werden. Sollen sich die Betroffenen ruhig in ihrer herbeifantasierten Opferrolle bestätigt fühlen.
Mehr als nur ärgerlich wird die Aktion dann, wenn Polizisten zur Zielscheibe werden. Andernorts gab es Gewaltakte gegen Beamte. In Aurich war es ein Drücken und Schubsen, Polizisten wurden aus nächster Nähe gefilmt, beleidigt und provoziert. Wer so etwas macht, zeigt, worum es vielfach wirklich geht: Frust auf „den Staat“ soll abgelassen werden.
Einigen reicht es nicht mehr, Thesen über Telegram oder Facebook zu verbreiten. Sie wollen Stunk machen. Das ist nicht akzeptabel. Zum zivilen Protest gehört auch ein ziviles Betragen. Und: Wer es wirklich ernst meint mit Protesten, sollte nur zu angemeldeten Demos erscheinen. Jeder darf in Deutschland gegen alles demonstrieren. Dafür leben wir in einem Rechtsstaat.