Frankfurt/Main (dpa)
Athleten können Koffer für Olympia packen: Angst fliegt mit
Die deutschen Athleten kämpfen bei den Olympischen Winterspielen in Peking nicht nur um Medaillen und gute Plätze. Sie müssen auch der Angst angesichts der sich zuspitzenden Corona-Lage trotzen.
Die ersten Athleten können nach der Nominierung durch den Deutschen Olympischen Sportbund für die Winterspiele in Peking schon mal die Koffer packen.
Unsicherheit und Angst werden angesichts der in die Höhe schnellenden Corona-Zahlen vor und während der olympischen Medaillenkämpfe ständige Begleiter bleiben. „Je mehr Gedanken man sich macht, desto fertiger ist man irgendwann“, sagte Eisschnellläuferin Claudia Pechstein.
Die 49-jährige Berlinerin wurde offiziell vom DOSB für ihre achte Olympia-Teilnahme nominiert - ein Rekord für eine Athletin. „Ich versuche, mich immer überall an alle Regeln zu halten, die Maske zu tragen und wenn es geht, mich nicht mit zu vielen Menschen zu umgeben“, erklärte sie. Diese Empfehlung gab auch Olympia-Arzt Bernd Wolfarth: „Die Athleten sollten sich so gut wie möglich in sozialer Distanz üben.“ Was schwierig sei, weil manche Athleten noch Qualifikationswettkämpfe bestreiten würden.
Teamgröße von etwa 150 Sportlern
Bei der ersten Nominierung des DOSB haben 20 Eisschnell- und Eiskunstläufer sowie Rodler für die Peking-Spiele vom 4. bis 20. Februar ihre Olympia-Tickets erhalten. Bei der zweiten Nominierung am 18. Januar wird die deutsche Mannschaft komplettiert. Wie 2018 in Pyeongchang ist eine Teamgröße von etwa 150 Sportlern zu erwarten. Vor vier Jahren in Südkorea reiste das Team D mit 31 Medaillen und dem beste Ergebnis nach der Wiedervereinigung zurück.
Der DOSB hat auch schon einen 35er-Pool von Eishockeyspielern nominiert - allerdings unter Vorbehalt und ohne Nennung von Namen -, der auf 25 Spieler reduziert werden muss. „Wir haben uns aufgrund der pandemischen Lage dazu entschieden, erst Ende Januar den finalen Kader öffentlich bekannt zu geben“, sagte DEB-Sportdirektor Christian Künast angesichts vieler Corona-Fälle im Eishockey. „Uns ist wichtig, dass die Spieler so lange wie möglich in Ruhe ihren Aufgaben in den Clubs nachgehen können. „Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet.“ Das deutsche Team gewann 2018 in Pyeongchang Olympia-Silber.
Für Eisschnelllauf-Evergreen Pechstein ist es von höchstem Wert, schon zum achten Mal bei Winterspielen dabei zu sein. „Ich weiß, dass ich nicht mehr um Medaillen mitlaufe“, sagte sie. „die achte Teilnahme bedeutet mir aber mehr als eine Goldmedaille.“
Rodler wollen Medaillen
Die Rodler hingegen wollen wieder wie vor vier Jahren mit sechs Edelplaketten erfolgreiche Medaillensammler werden. So peilt Felix Loch in Peking seinen vierten Olympiasieg an. Die Gold-Staffel von 2018 um Natalie Geisenberger, Tobias Arlt, Johannes Ludwig und Tobias Wendl könnte den Triumph in China wiederholen.
„Mit dem Abschluss der ersten Nominierungsrunde ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem gemeinsamen und starken Team D für Peking getan“, sagte DOSB-Präsident Thomas Weikert. „Wir werden einmal mehr und hoffentlich zum letzten Mal Spiele ganz besonderer Art unter Pandemiebedingungen erleben.“
Keinen Zweifel lässt China trotz der nun auch im eigenen Land verbreitenden Omikron-Variante an der planmäßigen Austragung der Spiele. „Auf welche Schwierigkeiten und Herausforderungen wir auch immer stoßen mögen, unsere Entschlossenheit, erfolgreiche Spiele wie geplant auszurichten, bleibt fest und unerschütterlich“, betonte der Sprecher des Organisationskomitees, Zhao Weidong, am Dienstag.
Strenge Corona-Maßnahmen
Aktuell stehen in drei abgeriegelten chinesischen Städten rund 20 Millionen Einwohner wegen eines Covid-19-Ausbruchs unter Hausarrest. Dazu gehört Pekings Nachbarstadt Tianjin. Dennoch soll sich laut der Planer an den strengen Corona-Maßnahmen für die Spiele vorerst nichts ändern. „Sofern es in den Wettbewerbszonen nicht zu einem Großausbruch kommt, haben wir keine Anpassung der Gegenmaßnahmen geplant“, sagte Huang Chun, stellvertretender Direktor der Abteilung des Büros für Pandemieprävention.
Die hoch ansteckende Omikron-Variante dürfte die strikte Null-Covid-Strategie Chinas mit Massentests, Ausgangssperren, Quarantäne und Abschottung schwer auf die Probe stellen. Epidemiologen sprechen in Staatsmedien von der „ersten echten Schlacht“ gegen Omikron in China.
Um das Virus nicht ins Land zu schleppen, werden alle Athleten und Teilnehmer der Winterspiele ihren Aufenthalt in einer abgeschlossenen „Blase“ ohne Kontakt zur Bevölkerung verbringen. Aus Angst vor der Verbreitung des Coronavirus haben die Behörden der chinesischen Hauptstadt die Bevölkerung dazu aufgerufen, sich bei Verkehrsunfällen von Olympia-Teilnehmern fernzuhalten und ihnen auch nicht zu helfen.
DOSB-Chefmediziner Wolfarth vermeidet angesichts der sich zuspitzenden Situation auch in China jede Panikmache. „Ich bin der sicheren Meinung, wenn wir erst mal in China gelandet sind, werden die Wettbewerbe auch in einem professionellen Umfeld gut stattfinden können“, sagte er. „Für uns ist erst mal die große Herausforderung, die Olympischen Spiele zu erreichen.“ Alle deutschen Olympia-Starter seien vollständig geimpft. Zudem hätten sie „eine klare Empfehlung“ für Booster-Impfungen erhalten.
© dpa-infocom, dpa:220111-99-667920/3