Schwerin (dpa)
Was wird aus MV Werften? Mutterkonzern streitet vor Gericht
Nach der Insolvenz der MV Werften versucht der Mutterkonzern Genting seine Felle zu retten. Vor Gericht streitet er mit Mecklenburg-Vorpommern über einen Millionenkredit. Die Werftarbeiter haben auch Geldsorgen.
Die rund 1900 Beschäftigten der insolventen MV Werften warten weiter auf die Auszahlung ihrer Dezember-Löhne. „Wir warten stündlich auf die Bekanntgabe des vorläufigen Insolvenzverwalters“, sagte der IG-Metall-Bevollmächtigte Stefan Schad.
Erst dieser könne die Löhne und Gehälter anweisen. Die alte Geschäftsführung dürfe dies nach dem Insolvenzantrag vom Montag nicht mehr tun. Regulärer Zahltag für den Dezember war der vergangene Freitag.
Das Amtsgericht Schwerin prüft allerdings noch die Zulässigkeit der insgesamt acht eingegangenen Insolvenzanträge für Gesellschaften der MV Werften, wie ein Gerichtssprecher sagte. Die Insolvenzanträge waren am Montag gestellt worden.
Der Hongkonger Mutterkonzern Genting, der die MV Werften 2016 übernahm, ist wegen der Krise der Kreuzfahrtbranche infolge der Pandemie in Schieflage geraten. Auf der Werft in Wismar liegt eines der weltgrößten Kreuzfahrtschiffe mit Platz für knapp 10.000 Passagiere. Es ist zu 75 Prozent fertiggestellt. Genting wollte es für den eigenen Bedarf in Asien bauen.
Am Dienstag stritten sich der Konzern und das Land Mecklenburg-Vorpommern bei einem mehrstündigen Termin vor dem Landgericht Schwerin über die Auszahlung eines 78 Millionen Euro (88 Mio Dollar) umfassenden Hilfskredits an Genting. Das Gericht will seine Entscheidung am kommenden Montag bekanntgeben.
Schwerin hatte den Kredit im Juni 2021 gewährt, um eine mögliche spätere Liquiditätslücke bei Genting zu schließen. Als der Konzern im Dezember die Auszahlung beantragte, weigerte sich das Land jedoch unter Hinweis darauf, dass Genting zuvor mit dem Bund über eine 600-Millionen-Euro-Finanzierung für die MV Werften einig werden müsse. Die Anwälte von Genting machten nun geltend, dass der Kredit mit den MV Werften nichts zu tun habe, sondern dem Konzern gewährt worden sei. Im Kreditvertrag sei keine Rede von der Einigung mit dem Bund zu den MV Werften als Auszahlungsvoraussetzung. Offenblieb die Frage, inwieweit Finanzlöcher bei Genting - es wurden 476 Millionen Euro genannt - eine Rolle für die Auszahlung spielen könnten.
Wenige Stunden nach dem Insolvenzantrag für die MV Werften am Montag kündigte das Land das Darlehen. Dies hält Genting für ungültig, wie die Anwälte vor dem Landgericht darlegten.
Die Aktien des Konzerns sind seit Freitag vom Handel an der Hongkonger Börse ausgesetzt. Dabei werde es vorerst bleiben, teilte Genting mit und verwies dabei besonders auf den Ausgang des Schweriner Gerichtsverfahrens.
In der Mitteilung sprach das Unternehmen von ausstehenden Zahlungen von 336 Millionen US-Dollar (296 Mio Euro). Hierzu zählt Genting neben dem Landesdarlehen unter anderem Geld, das der Bund dem Unternehmen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds zugesprochen habe. Das Ausbleiben der Zahlungen habe zu einer akuten und signifikanten Lücke in den erwarteten flüssigen Mitteln geführt. Es gebe daher keine Garantie, dass das Unternehmen seinen Finanzverpflichtungen nachkommen könne.
Zum Genting-Konzern gehört auch die 1857 gegründete Bremerhavener Lloyd-Werft, die ebenfalls in die Insolvenz ging. Die Bremer Landespolitik und die Gewerkschaft IG Metall suchen nach Wegen für einen Fortbestand. Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt sagte nach einer Versammlung für die etwa 300 Beschäftigten, die Aussicht auf einen Weiterbetrieb hänge vor allem daran, dass der Besitzer einen Verkauf an einen Investor ermögliche.
© dpa-infocom, dpa:220111-99-671503/2