Washington (dpa)
US-Notenbanker signalisieren baldige Erhöhung des Leitzinses
Die Inflation in den USA ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Wirtschaft und Arbeitsmarkt brummen inzwischen wieder. Die US-Notenbank bereitet die Märkte daher auf Zinserhöhungen vor.
US-Notenbankchef Jerome Powell hat angesichts der guten Wirtschaftsentwicklung und der hohen Inflationsrate für die Zeit ab März eine Erhöhung des Leitzinses signalisiert.
Die Federal Reserve (Fed) werde ihre milliardenschweren Anleihekäufe im März abschließen und danach „den Leitzins im Lauf des Jahres erhöhen“, sagte Powell am Dienstag bei einer Anhörung im US-Senat. Später im Jahr solle dann auch rasch die Bilanz der Fed abgebaut werden.
Powell betonte, der Arbeitsmarkt habe sich weitgehend von der Corona-Krise erholt. Die größte Gefahr sei nicht mehr ein Mangel an Stellen, vielmehr sei dies die Inflation. „Wenn sich dieses hohe Inflationsniveau in der Wirtschaft und in den Köpfen der Menschen festsetzt, dann wird das unausweichlich zu einer viel strafferen Geldpolitik von uns führen, was zu einer Rezession führen könnte“, warnte Notenbankchef Jerome Powell im Senat. „Das wäre schlecht für Arbeitnehmer“, fügte er hinzu. Die Fed ist den Zielen der Preisstabilität und Vollbeschäftigung verpflichtet. Die Daten zur Inflation im Dezember werden an diesem Mittwoch bekanntgegeben.
Ein weiteres Mitglied der US-Notenbank, Loretta Mester, signalisierte die erste Zinserhöhung bereits für März. „Ich denke, es spricht viel dafür, die Lockerungsmaßnahmen zurückzufahren“, sagte die Präsidentin der regionalen Notenbank von Cleveland dem Fernsehender Bloomberg Television. Falls die wirtschaftliche Entwicklung im März so aussehe wie jetzt, würde sie eine Leitzinsanhebung befürworten. Es wäre die erste Zinserhöhung seit Beginn der Pandemie.
Ein drittes Mitglied der Zentralbank, Esther George, sprach sich am Dienstag ebenfalls für eine rasche Kurswende in der Geldpolitik aus. „Obwohl die Pandemie das Wirtschaftsgeschehen weiter beeinflusst, ist die Zeit gekommen, die Geldpolitik von der momentanen Krisenhaltung im Interesse der langfristigen Stabilität zu einer normaleren Position zurückzuführen“, sagte die Präsidenten der regionalen Notenbank von Kansas einem Redetext zufolge. Sie forderte ebenfalls, dass die Fed ihre wegen der Krisenmaßnahmen angeschwollene Bilanz von mehr als acht Billionen US-Dollar reduzieren müsse. Ähnlich äußerte sich der Chef der Atlanta-Fed, Raphael Bostic.
Analyst Paul Ashworth von der Beratung Capital Economics erklärte, Powells Aussagen im Senat legten nahe, dass der erste Zinsschritt schon im März passieren könnte. Zuvor war er noch von einer Erhöhung im Juni ausgegangen. Bis zum Jahresende könnte der Leitzins nun auf eine Spanne von 1,0 Prozent bis 1,25 Prozent steigen, erklärte er.
Mit einer Erhöhung des Leitzinses kann die Fed die Inflation bremsen, gleichzeitig wird aber auch die Konjunktur unter der strafferen Geldpolitik leiden. Powell schränkte ein, die Entscheidungen der Notenbank hingen auch weiter von aktuellen Wirtschaftsdaten ab. Es gebe sowohl beim Wachstum als auch bei der hohen Inflationsrate mögliche Risiken, die die Fed berücksichtigen müsse, sagte Powell.
Nach der Zentralbankratssitzung im Dezember prognostizierte die Fed für 2022 drei Zinsschritte. Die nächste Sitzung der Notenbanker soll am 26. Januar enden. Die Top-Vertreter der Notenbank äußern sich normalerweise ab zwei Wochen vor der Sitzung nicht mehr öffentlich. Die Äußerungen bezüglich eines strafferen geldpolitischen Kurses vom Dienstag kamen damit unmittelbar vor der Schweigeperiode. Beobachter rechnen bei der Januar-Sitzung mit Signalen für die im März bevorstehenden Entscheidungen des Zentralbankrats.
© dpa-infocom, dpa:220111-99-672146/3