Heidelberg (dpa)
Heidelberger Amoklauf: Polizei ermittelt die Waffenverkäufer
Schritt für Schritt bringen die Ermittler mehr Licht ins Dunkel um die Tat des Amoklaufs von Heidelberg. Nun wissen sie, woher der 18-jährige Schütze seine Waffen hatte. Die Frage nach dem Warum bleibt.
Bei den Ermittlungen zum Amoklauf an der Universität Heidelberg ist die Polizei einen Schritt weiter: Der 18-Jährige habe seine Waffen etwa eine Woche vor der Tat in Österreich gekauft. Dies teilten Polizei und Staatsanwaltschaft in Mannheim am Mittwoch mit.
Neben den beiden am Tatort sichergestellten Waffen und den rund 150 Schuss Munition fand die österreichische Polizei demnach eine dritte Waffe in einem Zimmer, das der junge Mann bei seinem Aufenthalt in Österreich angemietet hat.
War Waffenkauf legal?
Verkauft haben soll ihm die beiden bei der Tat verwendeten Waffen ein Waffenhändler. Die dritte Waffe erhielt er demnach von einer Privatperson. Inwiefern diese sich nun strafrechtlich verantworten müssen, werde geprüft, hieß es.
Der 18 Jahre alte Student hatte am Montag in einem Hörsaal mehrmals auf andere Studierende geschossen. Eine 23-jährige Studentin starb an den Folgen eines Kopfschusses, drei weitere Menschen wurden verletzt. Nach der Tat tötete sich der 18-Jährige selbst. Die 23-Jährige stammt aus der Südpfalz und wurde laut Polizei in Landau geboren; sie wohnte zuletzt in Heidelberg. Zunächst hatte „Die Rheinpfalz“ darüber berichtet.
Motiv weiter unklar
Das Motiv der Tat bleibt weiter unklar. Die Durchsuchung der Wohnung des Tatverdächtigen in Mannheim und die noch laufende Auswertung von Mobiltelefonen, Laptops und einem Tablet habe keine Hinweise auf eine persönliche Beziehung zwischen dem mutmaßlichen Täter und den Opfern ergeben, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit.
Der 18-Jährige soll mit einem Taxi von Mannheim zum Tatort ins Neuenheimer Feld in Heidelberg gefahren sein. Die beiden Waffen sollen dabei in einer Sporttasche im Kofferraum des Taxis transportiert worden sein.
Hinweise zum Hintergrund der Attacke mit einer Schrotflinte erhoffen sich die Ermittler auch von der Obduktion der Leiche des Mannes und der von ihm erschossenen 23-Jährigen. Diese könne etwa zeigen, wie nah der Amokschütze der Frau kam und ob sie ein Zufallsopfer oder gezielt ins Visier genommen war, sagte ein Polizeisprecher. „Wir wollen die Tat so genau wie möglich rekonstruieren.“
Hintergründe des Tatverdächtigen
Die Ermittler prüfen den Angaben zufolge außerdem Hinweise, wonach der Tatverdächtige in der Vergangenheit Mitglied der rechtsextremen Partei Der Dritte Weg gewesen sein soll, und im Jahr 2019, als der Tatverdächtige noch minderjährig war, aus dieser ausgetreten sein soll. Bereits durchgeführte Auswertungen digitaler Medien des mutmaßlichen Täters sowie Zeugenaussagen aus seinem persönlichen Umfeld hätten bislang aber keine Erkenntnisse zu einer Radikalisierung oder zu Kontakten des mutmaßlichen Täters ins rechte Spektrum ergeben.
Nicht auszuschließen sei, dass eine im Raum stehende psychische Erkrankung des Verdächtigen ursächlich für die Tat gewesen sein könnte, hieß es. Belastbare Feststellungen zum Tatmotiv seien jedoch den weiteren Ermittlungen vorbehalten.
Schütze schickte Vater vor Tat eine Nachricht
Der Vater des Schützen hatte nach Angaben der Polizei nicht lang vor der Tat eine WhatsApp-Nachricht erhalten, in der der Sohn die Tat ankündigte. Der Student schrieb, „dass Leute jetzt bestraft werden müssen“. Die Eltern des jungen Attentäters würden von der Berliner Polizei betreut, sagte ein Polizeisprecher. Auch sie litten enorm unter der schrecklichen Tat ihres Sohnes.
Der Amoklauf hatte auch eine Debatte über Sicherheit an Hochschulen entfacht. Der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz der Universitäten und Rektor der Universität Hohenheim, Stephan Dabbert, sagte: „Die Universitäten verstehen sich als weltoffene Bildungsstätten, in denen auch in diesen schweren Zeiten Austausch und Kommunikation stattfinden - sie sind damit Teil einer offenen Gesellschaft.“ Zugangskontrollen liefen diesem Selbstverständnis entgegen. Das bedeute aber nicht, dass die Universitäten Notsituationen hilflos ausgeliefert seien. „Alle Landesuniversitäten verfügen über Notfall- und Krisenpläne - diese haben im Fall von Heidelberg auch gegriffen, so dass die Einsatzkräfte innerhalb weniger Minuten vor Ort sein konnten.“
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