Zamudio/München (dpa)
Erneuter Chefwechsel bei Siemens Gamesa
Konzernlenker Andreas Nauen muss bei Siemens schon wieder seinen Hut nehmen. Lieferkettenproblemen, explodierende Kosten und Projektverzögerungen machen dem Windanlagenbauer schwer zu schaffen.
Der angeschlagene Windanlagenbauer Siemens Gamesa tauscht schon wieder seinen Chef aus: Nach der zweiten Gewinnwarnung innerhalb von sechs Monaten muss Konzernlenker Andreas Nauen nach nicht einmal zwei Jahren im Amt seinen Hut nehmen.
Der neue Chef Jochen Eickholt ist derzeit noch im Vorstand der Mutter Siemens Energy, die 67 Prozent an dem spanischen Unternehmen hält. Im ersten Quartal schrieb Gamesa millionenschwere Verluste.
„Wir brauchen einen Neuanfang“, sagte Gamesa-Verwaltungsratschef Miguel Angel López am Donnerstag bei einer Analystenkonferenz. Priorität habe dabei die Stabilisierung des seit Jahren schwächelnden Geschäfts mit Windturbinen an Land (Onshore). Das Onshore-Geschäft sei dabei - auch mit Blick auf die lukrativen Service-Verträge - „extrem wichtig“ für Gamesa. Die beiden anderen Bereiche mit Meeresanlagen (Offshore) sowie Dienstleistungen liefen dagegen gut. An der Börse konnte die Nachricht die Investoren nicht beruhigen. Die Aktien von Gamesa und Siemens Energy gaben leicht nach.
Schon über Wechsel spekuliert
Nach der Senkung des Geschäftsausblicks und schwacher vorläufiger Zahlen für das erste Quartal (per Ende Dezember) hatte es bereits Spekulationen über einen Wechsel bei Siemens Gamesa gegeben. Mittwochabend kam dann das Aus zum Ende des Monats. Nauen hatte den Posten erst vor etwa eineinhalb Jahren übernommen und dabei den glücklosen Chef Markus Tacke ersetzt. Doch knüpfte er trotz einer Reihe von Restrukturierungsbemühungen nahezu nahtlos an seinen Vorgänger an, der ebenfalls mehrfach die Ergebnisversprechungen nicht hatte halten können.
Gamesa hatte im Januar wegen Lieferkettenproblemen, explodierenden Kosten, Projektverzögerungen und Mängeln mit seiner neuen Landturbine die Prognose für das neue Geschäftsjahr 2021/22 (per Ende September) reduziert. Bereits im vorigen Sommer hatte der Windturbinenhersteller schon einmal seine Erwartungen erheblich zurückgenommen. Im ersten Geschäftsquartal rutschte Siemens Gamesa nun tief in die roten Zahlen und verbuchte unter dem Strich einen Verlust von 403 Millionen Euro - nach einem kleinen Gewinn von elf Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.
Neben den externen Faktoren wie den steigenden Kosten für Beschaffung und Logistik macht das Landturbinengeschäft weiter Probleme. Hier wirken sich unter anderem zu Fixkosten geschlossene Verträge für Projekte inzwischen nachteilig für den Windanlagenbauer aus. Zudem macht die neue Landturbine 5.X weiter Probleme, hier müssen technische Mängel behoben werden.
Maßnahmen bereits angekündigt
Nauen hatte daher bereits weitere Maßnahmen zur Stabilisierung angekündigt. So dringt der Konzern derzeit bei Kunden auf Vertragsanpassungen, um die hohen Kosten aufzufangen - und damit auf Preiserhöhungen. Zudem arbeite Gamesa an weiteren Maßnahmen, um den steigenden Kosten in der Lieferkette zu begegnen und die Personalkosten unter Kontrolle zu halten, hieß es am Donnerstag ohne nähere Details. Außerdem erwägt Gamesa, sich von seiner Windanlagen-Pipeline in Südeuropa zu trennen.
Die Probleme bei Siemens Gamesa hatten bei Konzernmutter Energy für Verdruss gesorgt, der Energietechnikkonzern hatte nach der Gewinnwarnung ebenfalls seine Prognose senken müssen. Gamesa gilt dabei mit Blick auf den Klimawandel und den Bemühungen der Politik zur Dekarbonisierung eigentlich als Wachstumsträger. Langfristig bleibt der Windanlagenbauer daher auch optimistisch und bekräftigte die Ziele für die kommenden Jahre. Am Markt wird schon länger spekuliert, ob Siemens Energy die spanische Tochter komplett übernimmt, um besser durchgreifen und sie damit schneller restrukturieren zu können.
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