Wiesbaden (dpa)
Inflation bei 4,9 Prozent
Heizöl, Gas, Sprit und Strom verteuern sich zu Jahresbeginn deutlich. Das hat Folgen für die Verbraucherpreise. Die Menschen müssen sich Ökonomen zufolge weiter auf vergleichsweise hohe Inflationsraten einstellen.
Schlechte Nachrichten für Verbraucher und Sparende: Eine durchgreifende Entspannung an der Preisfront scheint vorerst nicht in Sicht.
Angeheizt von einem weiteren Energiepreissprung legten die Verbraucherpreise in Deutschland im Januar 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat um 4,9 Prozent zu. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Freitag eine erste Schätzung. Im Dezember 2021 hatte die Teuerungsrate bei 5,3 Prozent gelegen.
„Die Inflationsrate hat sich im Januar etwas abgeschwächt, nachdem sie im Dezember den höchsten Wert seit fast 30 Jahren erreicht hatte. Sie bleibt aber auf einem hohen Stand“, erläuterte der Präsident des Bundesamtes, Georg Thiel. Im Vergleich zum Dezember 2021 stiegen die Verbraucherpreise um 0,4 Prozent.
Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro weniger kaufen können als zuvor. Auch an dürftig verzinsten Ersparnissen nagt die Teuerung.
Angeheizt wird die Inflation in Europas größter Volkswirtschaft und anderen Ländern vor allem von gestiegenen Energiepreisen. Hinzu kommen Lieferengpässe, die die Herstellung von Produkten verteuern.
Zu Jahresbeginn mussten Verbraucher für Energie 20,5 Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor. Vor allem Heizöl (plus 51,9 Prozent) und Erdgas (plus 32,2 Prozent) kosteten deutlich mehr. Sprit verteuerte sich binnen Jahresfrist um 24,8 Prozent und Strom um 11,1 Prozent.
Dazu trugen dem Bundesamt zufolge neben gestiegenen Rohstoffpreisen auch die zu Jahresbeginn von 25 Euro auf 30 Euro pro Tonne Kohlendioxid erhöhte CO2-Abgabe sowie gestiegene Strom-Netzentgelte bei. Die gesunkene EEG-Umlage über die Stromrechnung habe den Preisanstieg nur leicht abfedern können. Ohne Berücksichtigung der Energie hätte die Inflationsrate im Januar bei 3,2 Prozent gelegen.
Gestiegene Preise für viele Rohstoffe und Vorprodukte heizten im Januar auch die Großhandelspreise an, die innerhalb eines Jahres um 16,2 Prozent zulegten.
Erstmal keine sinkenden Preise erwartet
Viele Ökonomen erwarten vorerst keine durchgreifende Entspannung an der Preisfront. Die Deutsche Bundesbank geht davon aus, dass die Verbraucherpreise in diesem Jahr im Schnitt um deutlich mehr als 4 Prozent zulegen könnten.
Die Inflation ist ein wichtiger Gradmesser für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Notenbank strebt eine jährliche Teuerungsrate von 2 Prozent im Euroraum an und ist zumindest zeitweise bereit, ein moderates Über- oder Unterschreiten zu akzeptieren. Kritiker werfen der EZB vor, mit ihrer ultralockeren Geldpolitik die Teuerung anzuheizen, die sie eigentlich im Zaum halten will.
Im Euroraum stiegen die Verbraucherpreise im Januar nach ersten Daten des Statistikamtes Eurostat gegenüber dem Vorjahresmonat um 5,1 Prozent. Dies ist der höchste Wert seit Einführung des Euro als gemeinsame europäische Verrechnungswährung 1999. Der für die EZB-Geldpolitik maßgebliche harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) in Deutschland lag ebenfalls um 5,1 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats.
Nach der jüngsten geldpolitischen Sitzung hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde eingeräumt, dass auch bei Europas Währungshütern die Sorge angesichts der weiter unerwartet hohen Teuerungsraten wächst. Anhand neuer Daten will die EZB die Lage im März neu beurteilen.
Die Französin fürchtet nach eigenen Worten derzeit nicht, dass höhere Tarifabschlüsse die Inflation weiter anheizen könnten. In den meisten Eurostaaten, darunter Deutschland, seien die Lohnforderungen ausgesprochen moderat, sagte Lagarde dem Redaktionsnetzwerk Deutschland und der „Frankfurter Rundschau“. Wenn eine steigende Inflation zu höheren Tarifabschlüssen und damit Lohnkosten führt, kann dies wiederum die Teuerung anheizen.
Lagarde betonte, gut die Hälfte des Preisanstiegs gehe auf den Anstieg der Energiepreise zurück. „Können wir Container transportieren, den Ölpreis senken oder geostrategische Konflikte befrieden? Nein, das können wir alles nicht“, sagte sie.
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