Berlin (dpa)

BA.2 breitet sich aus: Kommen trotzdem Öffnungen?

Basil Wegener, dpa
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Von Basil Wegener, dpa
| 20.02.2022 16:19 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach sieht schnelle Öffnungsschritte kritisch. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach sieht schnelle Öffnungsschritte kritisch. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
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Es ist noch ein Monat hin bis zu den geplanten Corona-Öffnungen zum Frühlingsanfang. Doch die Omikron-Variante BA.2 breitet sich weiter aus. Der Gesundheitsminister warnt vor vermeidbaren Opfern.

Im Ringen um die künftigen Corona-Maßnahmen pocht die FDP auf „Normalität“ ab 20. März. Sinnvoll könnten aber weiter das Tragen von Masken oder Testungen in Pflegeheimen sein, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warnte angesichts des Anstiegs der wohl schneller verbreitbaren Omikron-Variante BA.2 am Sonntag auf Twitter vor einem zu schnellen Öffnen jenseits der jüngsten Bund-Länder-Beschlüsse. Dies würde die Omikron-Welle unnötig verlängern und unnötige Opfer kosten, schrieb er. Grüne und SPD mahnten vorsichtige Öffnungsschritte an.

BA.2 verbreitet sich wohl noch schneller als die ursprüngliche Omikron-Variante und legt in Deutschland derzeit merklich zu, wie das Robert Koch-Instituts (RKI) bereits in seinem jüngsten Wochenbericht mitteilte. Eine erneute Zunahme der Fallzahlen sei nicht auszuschließen. Laut RKI lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Sonntag bei 1346,3 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche - 4,1 weniger als am Vortag. Binnen eines Tages wurden 118.032 Corona-Neuinfektionen und 73 Todesfälle gemeldet. Vor einer Woche waren es 58 Todesfälle.

Dürr sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Wir stellen glücklicherweise fest, dass die Kliniken nicht überlastet sind. Sobald dieser Fall eintritt war immer klar, dass Einschränkungen fallen müssen, da sie nicht weiter zu begründen sind. Entsprechend müssen die Maßnahmen jetzt schrittweise zurückgenommen werden und ab dem 20. März kehren wir zur Normalität zurück.“ Über Masken und Tests in Heimen darüber hinaus werde nun in der Ampel-Koalition gesprochen.

Masken bleiben wohl Alltag

Damit zeichnen sich mögliche Konflikte in der Ampel bei der „schnellen Anpassung im Infektionsschutzgesetz“ ab, die jetzt laut der Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann ansteht. Teststrategien und der Nachweis des Impf- und Genesenenstatus würden in besonderen Bereichen weiter Berechtigung haben, sagte Haßelmann in den Funke-Zeitungen. Neben Krankenhäusern und Einrichtungen der Altenpflege und Behindertenhilfe nannte Haßelmann auch Schulen und Kitas.

Auf absehbare Zeit weiter zum Alltag in Geschäften oder in Bussen und Bahnen werden laut der Grünen-Politikerin FFP2-Masken gehören. „Auch Abstandsgebote und Hygienevorgaben haben sich bewährt.“ Haßelmann betonte: „Die Pandemie endet nicht an einem Stichtag.“ Die Länder müssten kurzfristig auf mögliche Verschlechterungen reagieren können. „Uns ist wichtig, dass Kommunen, Städte und Bundesländer beim Pandemiemanagement handlungsfähig bleiben, um Öffnungen abzusichern.“

Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nannte FFP2-Masken und Testungen als Bausteine des geplanten Basisschutzes. „Und wir brauchen Regeln für Hotspots, damit die Länder angemessen auf einen plötzlichen Ausbruch reagieren können.“ Beim geplanten gemeinsamen Gesetzentwurf werde die Ampel auch die Vorschläge des Expertenrats aufgreifen.

Mehr Infektionen im Herbst

Der Expertenrat der Regierung hatte sich für vorausschauende Öffnungsstrategien ausgesprochen und betont: „Die Dauer dieser neuen Phase der Pandemie ist von zahlreichen Faktoren abhängig, wie der Impfquote und der Verbreitung neuer Virusvarianten, und kann daher nicht präzise vorhergesagt werden.“ Spätestens im Herbst bestehe das Risiko erneuter Infektionswellen. Bund und Länder hatten den Wegfall aller tiefgreifenden Corona-Auflagen zum 20. März beschlossen, sich aber für einen „Basisschutz“ über dieses Datum hinaus ausgesprochen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte insbesondere Schutz für Schulen. „Nur Tests und Masken ermöglichen unseren Schülerinnen und Schüler einen sicheren Präsenzunterricht“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Unsere Kinder sollen das Schuljahr und die Abschlussprüfungen ohne Sorgen und Druck absolvieren können.“ In Bereichen, in denen Kontakte unausweichlich sind, müsse der Staat die richtige Balance beim Basisschutz garantieren. Für bundesweit einheitliche Masken-Regeln im Fernverkehr warte er „auf Vorschläge vom Bundesverkehrsminister“, so Söder an die Adresse des FDP-Politikers Volker Wissing.

Kommt die Impfpflicht?

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte der „Rheinischen Post“ (Samstag) gesagt, aktuell seien nur „Maßnahmen mit einer hohen Wirksamkeit und einer geringen Eingriffsintensität“ vorstellbar - insbesondere Teststrategien und die Maskenpflicht in besonderen Situationen. Wie eine Umfrage des Instituts Insa für die „Bild am Sonntag“ ergab, will auch nach einem Auslaufen der Maskenpflicht mehr als jeder zweite Bürger in Deutschland weiter Maske tragen.

Unklar ist weiter, ob es zu einer allgemeinen Impfpflicht kommt. Mützenich warb erneut dafür. „Die Impfpflicht ist ein geeignetes Mittel, um Freiheitseinschränkungen im nächsten Winter zu vermeiden“, sagte er. Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) sagte der „Bild am Sonntag“: „Wir haben viel versucht, die Menschen über Impfkampagnen und niedrigschwellige Angebote zu erreichen.“ Aber da sei man am Ende der Fahnenstange angekommen. „Um die Impfquote weiter zu steigern, brauchen wir die Impfpflicht ab 18.“

Derzeit gibt es mehrere Anträge im Bundestag zum Thema Impfpflicht - eine Mehrheit für einen Antrag zeichnet sich derzeit aber noch nicht ab. Während die Ampel auf Gruppenanträge aus der Mitte des Parlaments setzt, hatte die Union eigene Vorschläge vorgelegt. Auf die Frage, ob er sich mit Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) verständigen wolle, sagte Mützenich: „Ich suche eine breite Mehrheit. In der Tat bin ich auch mit dem neuen Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU dazu im Gespräch.“

© dpa-infocom, dpa:220220-99-216542/5

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