Seoul/Tokio (dpa)
Nordkorea setzt seine Raketentests fort
Nach einer Reihe von Raketentests im Januar hatte sich Nordkorea während der Dauer der Olympischen Winterspiele in Peking ruhig verhalten. Jetzt demonstriert das Land wieder militärische Stärke.
Nordkorea hat nach vierwöchiger Pause seine Raketentests wieder aufgenommen. Nach Angaben der Nachbarländer Südkorea und Japan feuerte die selbst erklärte Atommacht am Sonntagmorgen (Ortszeit) eine mutmaßlich ballistische Rakete in Richtung offenes Meer im Osten ab.
UN-Resolutionen untersagen dem Land die Erprobung solcher Raketen, die je nach Bauart auch einen Atomsprengkopf tragen können. Experten schlossen nicht aus, dass es sich um eine atomwaffenfähige Rakete von mittlerer Reichweite handeln könnte.
In Südkorea war befürchtet worden, dass Nordkorea seine Raketentests nach dem Ende der Olympischen Winterspiele in Peking in diesem Monat wiederaufnehmen könnte. Die Tests setzte das Land demnach wohl aus Rücksicht auf den traditionellen Verbündeten China aus.
Der jüngste Test erfolgte inmitten des Ukraine-Kriegs. Experten spekulieren seit längerem, Nordkorea könnte den Konflikt auch auszunutzen versuchen, um mehr Druck auf die USA auszuüben, damit diese konkrete Vorschläge für neue Verhandlungen vorlegen. Die Gespräche der US-Regierung mit Pjöngjang über sein Atomwaffenprogramm kommen seit drei Jahren nicht mehr voran.
Beim Test am Sonntag wurde die Rakete nach Angaben der südkoreanischen Streitkräfte in der Nähe der Hauptstadt Pjöngjang abgefeuert. Sie sei bei einer Flughöhe von bis zu 620 Kilometern etwa 300 Kilometer weit geflogen. Der Experte Ankit Panda sprach auf Twitter von einer „interessanten Flugbahn“. Er sei sich nicht sicher, ob „dies vorausgegangenen Tests entspricht“. Es könnte eine Mittelstreckenrakete mittlerer Reichweite (MRBM) gewesen sein. Hinsichtlich des Aktionsradius würde sie unterhalb von Mittelstreckenraketen größerer Reichweite von 2400 bis 5500 Kilometer liegen. Bei ballistischen Raketen handelt es sich in aller Regel um Boden-Boden-Raketen.
Japans Verteidigungsminister Nobuo Kishi sagte, die Rakete sei außerhalb der „exklusiven Wirtschaftzone“ Japans ins Meer gestürzt. Tokio habe über die Botschaft in Peking Protest gegen den Test eingelegt. Tokio und Pjöngjang unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Der Nationale Sicherheitsrat in Südkorea äußerte nach einer Dringlichkeitssitzung großes Bedauern und „ernste Besorgnis“ wegen des jüngsten Raketentests.
Nordkorea hatte im Januar bereits sieben Raketentests unternommen, einschließlich der Erprobung einer Mittelstreckenrakete, die auch die US-Pazifikinsel Guam treffen könnte. Die Insel, auf der die USA einen Militärstützpunkt haben, liegt etwa 3400 Kilometer von Nordkorea entfernt. Die kommunistische Führung wirft Washington eine feindselige Politik vor.
Südkoreas Präsident Moon Jae In hatte nach dem Test der Mittelstreckenrakete Ende Januar davor gewarnt, dass Nordkorea näher an einen Bruch seines im April 2018 selbst auferlegten Teststopps für Atomversuche und Tests von Interkontinentalraketen rücke. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hatte im Januar angedeutet, solche Versuche wiederaufnehmen zu können.
© dpa-infocom, dpa:220227-99-304916/4