Wolfsburg (dpa)
VW-Aufseher winken Pläne für Zukunftsmodell Trinity durch
Für Volkswagen und Tesla fallen Beschlüsse zu den wohl wichtigsten Werksneubauten der nächsten Jahre. Die Amerikaner haben das Go für Grünheide. Auch VW geht auf die grüne Wiese, aber dicht am Stammsitz.
Der Aufsichtsrat von Volkswagen hat endgültig den Bau eines neuen Werks für das künftig zentrale Elektromodell Trinity in Wolfsburg auf den Weg gebracht.
Gut zwei Milliarden Euro lässt sich der Konzern die Fabrik kosten, Beginn der Arbeiten soll im Frühjahr 2023 sein. Der gänzlich neu konzipierte Fertigungsstandort wird - wie bereits in früheren Entscheidungsrunden angedeutet - in direkter Nachbarschaft des Stammsitzes hochgezogen: an der Nordseite des bisherigen Geländes im Wolfsburger Stadtteil Warmenau.
„Damit stärken wir nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit des Stammwerks und geben der Belegschaft eine starke Langfristperspektive“, sagte Kernmarkenchef Ralf Brandstätter nach Beratungen des Kontrollgremiums am Freitag. Produktionsstart für den Trinity soll im Jahr 2026 sein.
Das Hauptwerk wird parallel dazu für weitere E- und Verbrenner-Autos geöffnet und später grundlegend umgerüstet. Mit der daneben angesiedelten Trinity-Fabrik will Volkswagen unter anderem in Sachen Produktionstechnik zum US-Konkurrenten Tesla aufschließen. Sie soll aber auch Vorbild für den Umbau vieler eigener Standorte sein.
Auch grünes Licht in Grünheide
Die Amerikaner erhielten ebenfalls am Freitag die Genehmigung für ihr eigenes neues Werk in Grünheide bei Berlin - nur rund 200 Kilometer Luftlinie von der Volkswagen-Zentrale entfernt und etwa zwei Jahre nach dem Baustart mit zunächst nur vorläufigen Zulassungen. Für den Trinity peilt VW ähnlich wie Tesla in seinen „Gigafabriken“ eine Fertigungszeit von zehn Stunden je Wagen an. Das vollelektrische Modell soll konzerneigene Software haben und viel Vernetzungstechnik enthalten, auch schon mit Systemen für das autonome Fahren.
Der Trinity wird auf einer neuen Großserien-Plattform namens SSP entwickelt. Sie soll während ihrer Laufzeit die Grundlage von insgesamt über 40 Millionen Fahrzeugen aus dem VW-Konzern sein. Für Betriebsratschefin Daniela Cavallo ist die Entscheidung eine wichtige Etappe in der Neuaufstellung des Stammsitzes - zuletzt hatte es bei Volkswagen hitzige Debatten über in der Chipkrise unterausgelastete Kapazitäten und den späten Start von E-Modellen in Wolfsburg gegeben.
Schon weit vor Trinity soll der Heimatstandort ab 2023 einen Teil der Produktion des Elektro-Kompaktwagens ID.3 abbekommen. Dieser wurde innerhalb Europas bisher im sächsischen Zwickau gefertigt. „Die Wurzel unseres Unternehmens bleibt das Kraftzentrum des Konzerns und gewinnt weiter an Bedeutung“, meinte Cavallo. Der Deutschen Presse-Agentur sagte sie kürzlich: „Wir brauchen das Projekt vor allem für die Transformation, also um die Beschäftigten, die wir jetzt hier an Bord haben, weiterhin mit Arbeit zu versorgen.“
Über mehrere Stufen CO2-neutral
Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufseher Stephan Weil (SPD) erklärte, die gesamte Produktion des Autobauers in seinem Land solle über mehrere Stufen CO2-neutral werden. Der Konzern will mit dem Beschluss einer zweiten Fabrik in Wolfsburg überdies sicherstellen, dass neue Projekte enger miteinander verzahnt werden. „Der große Vorteil dieser Lösung liegt in der Effizienz“, sagte Personalvorstand Gunnar Kilian der dpa. „So belasten wir nicht die Produktionsanläufe neuer Autos im Stammwerk durch umfangreiche Umbauarbeiten und können es gleichzeitig nach dem Vorbild der neuen Fabrik umrüsten.“
Eine Kernrolle spielt Trinity auch im Umbau der Fahrzeugentwicklung. Im neuen Entwicklerhauptquartier „Campus Sandkamp“, das 800 Millionen Euro kostet und dessen Baubeginn noch für 2022 erwartet wird, will der zuständige Vorstand Thomas Ulbrich die Prozesse stärker mit der Arbeit von IT-Experten und anderen Abteilungen vernetzen.
Laut Aussage Cavallos ist mit der Führung zudem besprochen, dass „wir rund um Trinity hier in Wolfsburg die Felder Batterie, Laden und Digitalisierung ausbauen“. Ein Kompetenzzentrum gibt es bereits in Salzgitter, eine Batteriezellfabrik wird dort angeschlossen. Weitere europäische Zellwerke sind in Planung, Standorte stehen laut VW außer Skellefteå in Schweden offiziell noch nicht fest und werden wegen der wirtschaftlichen Randbedingungen mit der Politik verhandelt.
Grundsätzlich hatte der VW-Aufsichtsrat die Trinity-Planungen schon Ende 2021 abgesegnet - der genaue Bauplatz war noch offen. Die Bauzulassung für das Tesla-Werk in Brandenburg nannte der dortige Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) einen „kleinen Sonnenstrahl in schwierigen Zeiten“: „Wir haben mit vereinten Kräften hart gearbeitet.“ Die E-Auto-Produktion könnte in einigen Wochen starten.
Tesla errichtete die Fabrik zunächst auf eigenes Risiko über 19 vorzeitige Genehmigungen. Firmenchef Elon Musk hatte ursprünglich gehofft, in Grünheide schon Mitte 2021 mit der Produktion beginnen zu können. Geplant sind in einer ersten Phase bis zu 500.000 Autos pro Jahr mit rund 12.000 Beschäftigten. VW hatte in Wolfsburg im vorigen Jahr nur etwas weniger als 400.000 Autos fertig bekommen, Hauptgrund für den Tiefstand seit Ende der 1950er Jahre war der Chipmangel.
Der Konzern kündigte mit Blick auf Umweltregeln an, man werde sich „eng mit zuständigen Behörden sowie Interessengruppen austauschen“. In Grünheide hatten es Proteste von Anwohnern und Naturschützern gegeben, ein Teil des Geländes liegt in einem Wasserschutzgebiet.
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