Berlin (dpa)

Krieg gegen die Ukraine: Das ist die Lage am Abend

| 09.03.2022 18:23 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Viele U-Bahn-Stationen in Kiew wurden in Schutzräume umfunktioniert. Eine ältere Frau wartet eingewickelt in eine Decke auf das Ende des Luftalarms. Foto: Vadim Ghirda/AP/dpa
Viele U-Bahn-Stationen in Kiew wurden in Schutzräume umfunktioniert. Eine ältere Frau wartet eingewickelt in eine Decke auf das Ende des Luftalarms. Foto: Vadim Ghirda/AP/dpa
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Angst, Zerstörung, Not: Im Ukraine-Krieg sehnen sich Hunderttausende nach ein klein wenig Sicherheit. Aber wie kommt man einer Lösung des Konflikts insgesamt näher? Die aktuelle Lage im Überblick.

Vor dem Treffen der Außenminister aus der Ukraine und Russland sind weitere Zivilisten aus den von russischen Truppen belagerten Städten in der Ukraine evakuiert worden. Die Rettung kommt jedoch nur langsam voran, vielerorts wurde von neuen Zwischenfällen berichtet.

Allein in der Hafenstadt Mariupol sitzen Hunderttausende unter katastrophalen Bedingungen fest, nach Angaben der russischen Separatisten im Gebiet Donezk funktioniert der vereinbarte „humanitäre Korridor“ immer noch nicht. Russland macht ukrainischen Einheiten dafür verantwortlich, die Ukraine beschuldigt ihrerseits Russland, die Fluchtkorridore zu beschießen.

Selenskyj betont Kompromissbereitschaft

Morgen wollen der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein ukrainischer Kollege Dmytro Kuleba zu Gesprächen im türkischen Antalya zusammenkommen - es wäre das ranghöchste Gespräch seit Kriegsbeginn.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte vor dem Treffen seine Kompromissbereitschaft. „In jeder Verhandlung ist mein Ziel, den Krieg mit Russland zu beenden. Und ich bin auch bereit zu bestimmten Schritten“, sagte er der „Bild“.

Selenskyj und seine Berater deuten inzwischen an, dass die Ukraine nicht mehr auf einer sofortigen Nato-Mitgliedschaft beharrt. Man schließe nicht aus, über eine Neutralität des Landes zu sprechen, sagte Selenskyjs außenpolitischer Berater Ihor Showkwa in der ARD. Das würde russischen Forderungen entgegenkommen.

Unklare Erwartungen an Außenministertreffen

Das russische Außenministerium betonte laut einer Meldung der Agentur Tass seinerseits, dass Russland keinen Machtwechsel in der Ukraine anstrebe. Ziel sei „weder die Besatzung der Ukraine noch die Zerstörung ihrer Staatlichkeit noch der Sturz der aktuellen Führung“.

Das hatte sich in früheren Erklärungen des Kreml anders angehört. Was von dem Außenministertreffen zu erwarten ist, blieb aber unklar. Kuleba betonte, dass seine Erwartungen gering seien.

Russland hat die Ukraine vor zwei Wochen, am 24. Februar, angegriffen. Hunderttausende Menschen sind seit Beginn der Invasion auf der Flucht.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) telefonierte am Mittwoch erneut mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Greifbare Ergebnisse wurden nicht bekannt. Beide hätten „politisch-diplomatische Anstrengungen“ zur Lösung des Konflikts besprochen, teilte der Kreml in Moskau mit.

Rettung aus umkämpften Städten in der Ukraine

Die militärischen Fronten schienen heute weitgehend statisch. Nach ukrainischen Angaben gab es wieder Angriffe auf mehrere Städte und dabei Tote und viele Verletzte.

Die Evakuierungen der Zivilbevölkerung aus den umkämpften Städten sind inzwischen angelaufen. Ukrainische Medien veröffentlichten Bilder aus Irpin bei Kiew, die zeigten, wie alte und kranke Menschen auf Tragen in Sicherheit gebracht wurden. In der Stadt Sumy im Nordosten des Landes trafen am Mmittag Busse ein. Nach Angaben des Vizechefs des Präsidentenbüros, Kyrylo Tymoschenko, fuhren im südukrainischen Enerhodar sowie in Isjum nahe Charkiw im Nordosten die ersten Fahrzeuge mit Zivilisten ab.

In der Hafenstadt Mariupol funktioniert nach Angaben der Separatisten im Gebiet Donezk der vereinbarte „humanitäre Korridor“ weiterhin nicht. Der ukrainische Außenminister Kuleba schrieb bei Twitter: „Russland hält weiterhin mehr als 400.000 Menschen in Mariupol als Geiseln, blockiert humanitäre Hilfe und Evakuierung.“

Sanktionen gegen Russland werden erweitert

Die EU-Staaten haben sich auf eine erneute Ausweitung der Sanktionen gegen Russland und dessen Partnerland Belarus verständigt. Wie die EU-Kommission in Brüssel mitteilte, werden 14 weitere russische Oligarchen und prominente Geschäftsleute auf die Liste derjenigen Personen kommen, deren Vermögenswerte in der EU eingefroren werden und die nicht mehr einreisen dürfen.

Zudem sind ein Verbot für die Ausfuhr von Schifffahrtsausrüstung sowie der Ausschluss dreier belarussischer Banken aus dem Kommunikationsnetzwerk Swift vorgesehen. Auf den von der Ukraine geforderten Stopp von Energieimporten aus Russland konnten sich die EU-Staaten auch nach einem entsprechenden Beschluss der USA weiter nicht verständigen.

Kein Boykott russischer Energie

Die Bundesregierung sieht weiter keine Möglichkeit für einen sofortigen Boykott russischer Energielieferungen nach dem Vorbild der USA. Die USA seien Exporteur von Gas und Öl, was man für Europa insgesamt nicht sagen könne, betonte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau. „Und deshalb sind die Dinge, die getan werden können, auch unterschiedlich.“ Die Spritpreise in Deutschland stiegen weiter kräftig an.

Die USA haben als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine am Dienstag ein Importverbot für Öl aus Russland erlassen. Großbritannien will seine Ölimporte aus Russland zuerst bis Jahresende senken und dann kein Öl mehr von dort importieren.

Kremlsprecher Dmitri Peskow warf den USA vor, sie führten einen Wirtschaftskrieg gegen Russland. Er betonte, dass Russland ein zuverlässiger Öl- und Gaslieferant sei, drohte aber gleichzeitig mit Einschränkungen.

„Feindselige Exzesse des Westens“ machten „die Situation sehr kompliziert und lassen uns intensiv darüber nachdenken“, sagte Peskow mit Blick auf die massiven Sanktionen gegen Russland. Zuvor hatte bereits Vize-Regierungschef Alexander Nowak offen mit einem Gas-Lieferstopp durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 gedroht.

© dpa-infocom, dpa:220309-99-452843/5

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