Berlin/München (dpa)
Pläne zur Entlastung bei Energiekosten werden konkreter
Bürger und Unternehmen sollen angesichts hoher Energiepreise einen Ausgleich bekommen. Die Regierung ringt um den besten Weg und den Umfang. Bis Mittwoch wird eine Einigung erwartet.
Die Debatte über eine weitere Entlastung der Verbraucher von den durch den Ukraine-Krieg stark gestiegenen Energiepreisen wird konkreter.
Während Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) ein Maßnahmenpaket angekündigt hat, verteidigte Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Montag den von ihm vorgeschlagenen Tank-Zuschuss.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert erwartet eine Einigung spätestens am Mittwoch rund um die geplante Sitzung des Bundeskabinetts. Der rasante Anstieg der Spritkosten ist zwar zum Stehen gekommen, doch selbst zuletzt sinkende Ölpreise bringen bisher keine Erleichterung an den Tankstellen.
„Extrem hohe Heizkosten, extrem hohe Strompreise, extrem hohe Spritpreise belasten Haushalte, und je geringer die Einkommen, desto stärker“, sagte Habeck. „Die Bundesregierung wird daher ein weiteres Entlastungspaket auf den Weg bringen.“ Unter anderem solle es bei Strom, Wärme und Mobilität Erleichterungen geben. „Gerade die hohen Heizkosten erdrücken zahlreiche Familien.“ Im Bundeswirtschaftsministerium schätzt man, dass die Gasrechnung für eine Durchschnittsfamilie in einem unsanierten Ein-Familien-Haus im laufenden Jahr um etwa 2000 Euro steigt.
Zweitens zielt Habeck auf Energieeffizienz und Einsparungen - etwa eine Minderung des Verbrauchs beim Autofahren oder einen Austausch von Gasheizungen. Drittens seien weiter marktwirtschaftliche Impulse nötig, damit gelte: „je effizienter, desto geringer die Kosten“.
Lindners Vorschlag eines Tank-Zuschusses greife noch zu kurz, sagte Habeck. Der Finanzminister verteidigte sein Konzept hingegen: Der Zuschuss sei schneller umzusetzen und es seien stärkere Rabatte möglich als bei Steuersenkungen, sagte er. Zudem sei er auch ohne viel Bürokratie möglich, indem der Staat mit den Mineralölgesellschaften „auf der Basis der Gesamtmenge an Sprit“ agiere. An der Zapfsäule bleibe der Preis stehen, wie er jetzt sei, der Rabatt werde dann auf der Tankrechnung ausgewiesen. Bei einer Entlastung um zehn Cent geht Lindner von Kosten von 550 Millionen Euro pro Monat aus. Es sei aber klar, dass zehn Cent und ein Monat Entlastung nicht ausreichten, entsprechend teurer werde die Maßnahme.
Dobrindt kritisiert „kosmetische Korrekturen“
Der Tankstellenverband ZTG hält allerdings nicht viel von Lindners Vorschlag. Diese gehe „von hinten durch die Brust ins Auge“. Der Verband ist unter anderem darüber besorgt, dass die Tankstellen das Geld für den Rabatt zunächst auslegen müssten. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kritisierte den Plan: „Kosmetische Korrekturen“ wie ein Tank-Zuschuss reichten nicht aus. Aus Sicht der Unionsfraktion solle der Preis bei Benzin und Diesel mit einer Spritpreise-Bremse um 20 Prozent verringert werden.
Die Spritpreise liegen derzeit auf nie gekanntem Niveau, nachdem sie in den ersten beiden Wochen des Ukraine-Krieges beispiellos in die Höhe geschossen sind - teilweise um mehr als 10 Cent pro Tag. Diesel hat sich seit Kriegsbeginn um gut 64 Cent verteuert, Super E10 um fast 45 Cent. Seit einigen Tagen stagnieren sie allerdings. Im bundesweiten Tagesdurchschnitt des Sonntags lag Superbenzin der Sorte E10 bei 2,199 Euro pro Liter, Diesel bei 2,305 Euro. Beides sind leichte Rückgänge zum Höchststand am Freitag.
Dennoch sind die Preise im Vergleich zum aktuellen Ölpreis ungewöhnlich hoch: „Die jahrzehntelang geltende Erfahrung, dass sich der Benzinpreis am Rohölpreis orientiert, gilt derzeit nicht“, sagte ADAC-Kraftstoffmarkt-Experte Jürgen Albrecht. „Beim aktuellen Ölpreis würde man eigentlich einen E10-Preis klar unter zwei Euro erwarten“, betonte er. „Es gibt allerdings kriegsbedingte Sonderfaktoren, die den Preis zusätzlich in die Höhe treiben. Ob diese das aktuelle Preisniveau rechtfertigen oder hier auch Mitnahmeeffekte zum Tragen kommen, ist nicht eindeutig erkennbar.“
Zumindest sieht er aber Hoffnung auf eine Normalisierung der Marktlage: „Früher oder später sollte sich die aktuelle Entkopplung der Kraftstoffpreise vom Ölpreis wieder auflösen. Wann dies der Fall sein wird, lässt sich im Moment allerdings noch nicht sagen, denn es hängt auch von der Entwicklung in der Ukraine ab.“
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