München (dpa)
Geständnis in Prozess um Starnberger Dreifachmord
Eltern und Sohn erschossen in ihrem Haus in Starnberg: Zuerst sah es nach einer Verzweiflungstat des Sohnes aus. Seit Sommer stehen jedoch dessen Freund und ein weiterer Kumpel wegen Mordes vor Gericht.
Im Prozess um einen mutmaßlichen Dreifachmord in Starnberg hat der Hauptangeklagte vor dem Landgericht München II am Montag überraschend ein Geständnis abgelegt.
In einer von ihm handschriftlich verfassten und selbst verlesenen Erklärung räumte der inzwischen 22 Jahre alte Mann ein, im Januar 2020 zuerst seinen 21 Jahre alten Freund und danach dessen Vater und Mutter in deren Haus in Starnberg erschossen zu haben. Er habe damit ein von seinem Freund geplantes Massaker am Bahnhof München-Pasing verhindern wollen, sagte sein Anwalt Gerhard Bink der Deutschen Presse-Agentur.
Der Freund habe seinen Mandanten in den Pasing-Plan eingeweiht und einbeziehen wollen. „Er wollte da nicht mitmachen und hat deshalb den Plan gefasst, ihn zu töten - um nicht selbst von ihm getötet zu werden, falls er sagt, dass er nicht mitmacht“, erläuterte Bink. Deshalb sei der Plan entstanden, den Freund zu töten.
Die Tötung der Eltern sei nicht vorgesehen gewesen. Der Vater sei aber in der Tatnacht plötzlich auf ihn zugekommen. Sein Mandant habe geglaubt, dass er bewaffnet sei, sagte Bink. Daraufhin habe der Angeklagte auch den 64 Jahre alten Vater und danach die 60 Jahre alte Mutter erschossen. Die „Bild“-Zeitung hatte zuerst über das Geständnis berichtet.
In seiner Einlassung ging der 22-Jährige laut Bink auch auf die Rolle des heute 21 Jahre alten Mitangeklagten ein, der ihn laut Anklage zum Tatort fuhr und abholte. Er sei in den Plan eingeweiht gewesen, den Freund zu töten, der über eine wertvolle illegale Waffensammlung verfügte. Er habe die Unterstützung zugesagt angesichts der Möglichkeit, die Waffen später zu verkaufen. Dafür sollte - wohl im Darknet - ein Preis von 400 000 bis 600 000 Euro erzielt werden.
Die Staatsanwaltschaft München II wirft den beiden jungen Männern Mord, besonders schweren Raub und Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vor.
Aus Angst vor unabsehbaren Folgen sei sein Mandant nicht zur Polizei gegangen, um das von seinem Freund angekündigte Massaker in Pasing zu verhindern, erläuterte Bink die Aussage des Hauptangeklagten weiter. Er habe befürchtet, dass die Beamten falsch reagieren könnten - und daraufhin das Feuer auf sie eröffnet werde. Noch größer sei aber die Angst gewesen, dass der Freund ihn nach einem solchen Verrat töten werde, und sei es nach einer Haftstrafe.
Eine Polizeistreife hatte die Leichen der Eltern und des Sohnes am 12. Januar 2020 entdeckt, nachdem die Tochter sich Sorgen gemacht und Alarm geschlagen hatte. Die Eltern lagen im Schlafanzug im ersten Stock des Einfamilienhauses, die Leiche des Sohnes wurde in dessen Zimmer entdeckt. Eine von zwei Pistolen lag neben ihm. Zunächst vermutete die Polizei deshalb, dass er erst seine Eltern und dann sich selbst erschossen habe. Allerdings fehlte ein Abschiedsbrief - eine der Ungereimtheiten, die die Ermittler stutzig machten.
Die weiteren Ermittlungen führten dann zu dem Hauptangeklagten. Welche Auswirkung dessen Geständnis auf den weiteren Verlauf des bis 4. November angesetzten Prozesses haben könnte, war zunächst offen.
© dpa-infocom, dpa:220321-99-614253/4