Kiew/Moskau/New York (dpa)
Selenskyj kündigt Besuch von US-Delegation an
In Kiew wird hochrangiger Besuch erwartet. Zunächst soll eine US-Delegation anreisen, zu der auch der Verteidigungsminister gehört. Im Lauf der Woche will dann auch der UN-Chef nach Kiew kommen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat inmitten des russischen Angriffskrieges überraschend einen Besuch einer hochrangigen US-Delegation für diesen Sonntag in Kiew angekündigt.
„Ich denke nicht, dass es ein großes Geheimnis ist. Morgen werde ich ein Treffen mit dem US-Verteidigungsminister (Lloyd Austin) und mit Außenminister (Antony) Blinken haben“, sagte Selenskyj am Samstag bei einer Pressekonferenz in einer U-Bahn-Station in Kiew. Er hoffe, dass auch US-Präsident Joe Biden - „sobald es die Sicherheitssituation zulasse“ - nach Kiew komme.
Mit Austin und Blinken werde er über die „Liste der notwendigen Waffen und über die Geschwindigkeit ihrer Lieferung“ reden. In der vergangenen Woche hätten sich die Nachrichten zu Waffenlieferungen verbessert, meinte Selenskyj. Ein Sprecher des US-Außenministeriums wollte sich auf Nachfrage nicht zu dem laut Selenskyj geplanten Besuch äußern. Eine Anfrage beim US-Verteidigungsministerium dazu blieb zunächst unbeantwortet.
Besuche eines US-Außen- oder Verteidigungsministers in einem Krisen- oder Kriegsgebiet werden von der US-Regierung wegen der hohen Sicherheitsanforderungen zuvor meist geheim gehalten. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, hatte noch am Montag gesagt, falls ein Regierungsmitglied in die Ukraine reisen sollte, würde dies aus Sicherheitsgründen erst nach der Ankunft mitgeteilt werden. Rufen nach einem Besuch Bidens erteilte sie eine Absage. Die US-Regierung konzentriere sich darauf, dem Land militärische Ausrüstung zukommen zu lassen, sagte Psaki. Biden hatte Ende März Polen besucht und sich im Osten des Landes auch mit ukrainischen Flüchtlingen getroffen.
Selenskyj: US-Hilfe für Waffen aus Deutschland
Selenskyj erhofft sich von den USA auch Unterstützung für Waffenlieferungen aus Deutschland. „Damit sie (Deutschland) damit beginnen, das zu liefern, was sie haben und das, was sie gerade nicht nutzen“, sagte er. Er erinnere bei jedem Gespräch mit deutschen Vertretern daran. Der Krieg sei in der Ukraine und „ihr habt das, was ihr gerade nicht braucht, und wir brauchen sehr viel“, betonte der Staatschef.
Besucher seien aktuell sehr willkommen, aber nicht, um irgendwelche „Selfies“ zu machen. „Man kann heute nicht zu uns mit leeren Händen kommen. Wir erwarten nicht nur einfach Geschenke oder irgendwelche Törtchen. Wir erwarten konkrete Dinge und konkrete Waffen.“
UN-Chef Guterres will vermitteln
Auch UN-Generalsekretär António Guterres wird kommende Woche Russland und die Ukraine besuchen. Nach einem Empfang durch Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstag in Moskau wird Guterres in die Ukraine weiterreisen und dort am Donnerstag unter anderem Präsident Wolodymyr Selenskyj treffen, wie die Vereinten Nationen in New York mitteilten. Es sind jeweils auch Arbeitstreffen mit den beiden Außenministern Sergej Lawrow und Dmytro Kuleba geplant. Der UN-Chef hatte zuvor um die Treffen gebeten, um im Ringen um eine Waffenruhe in dem Konflikt zu vermitteln.
Aktivere Rolle von Guterres gefordert
Zuvor hatte Guterres Briefe an die UN-Vertretungen Russlands und der Ukraine geschickt und darum gebeten, ihn in den Hauptstädten der Länder zu empfangen. Es müssten „dringende Schritte“ zur Herstellung von Frieden in der Ukraine herbeigeführt werden. Der UN-Chef hatte zuletzt mehrfach eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg gefordert. Es gab zunächst keine Informationen darüber, ob Guterres lediglich nach Kiew reist oder auch in andere Landesteile.
Die Vereinten Nationen wollten den Vorstoß des Generalsekretärs zunächst nicht als offiziellen Mediationsversuch darstellen. Er folgte jedoch auf immer lauter werdende Rufe aus dem UN-Apparat nach einer aktiveren Rolle von Guterres in dem Konflikt. Zuletzt hatte ein Brief von ehemaligen hochrangigen UN-Mitarbeitern den Druck erhöht. Sie forderten Guterres darin auf, stärker an einer politischen Lösung zu arbeiten und sehen die Daseinsberechtigung der Vereinten Nationen in Gefahr. Die Reise nach Moskau dürfte eine der wichtigsten in Guterres' Zeit als UN-Generalsekretär werden.
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