Energiekrise in Europa EWE hebt Preise für Strom und Gas erneut an
Erneut teurer werden Strom und Gas für Kunden des Energieversorgers EWE. Wen die Anpassung betrifft, wie hoch sie ausfällt und wie sie mit der diskutierten Preisbremse zusammenpasst.
Oldenburg/Aurich - Der Energieversorger EWE sieht sich erneut gezwungen, die Preise für Strom und Gas anzuheben. Betroffen sind davon laut einer Mitteilung etwa 331.000 Strom- und 180.000 Gaskunden – viele davon auch im Landkreis Aurich. Betroffen sind laut EWE die Tarife der Grundversorgung. So zahlen Kunden ab dem 1. Januar für Strom pro Kilowattstunde brutto 49,97 Cent und damit 12,16 Cent mehr als derzeit.
Der jährliche Grundpreis steigt von brutto 179,69 Euro auf brutto 199,55 Euro. Das sind im Monat statt bislang 14,97 Euro dann 16,63 Euro brutto. Für einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 2.800 Kilowattstunden ergeben sich durch die Preisanhebung insgesamt Mehrkosten von rund 30 Euro im Monat.
3,92 Cent mehr für Gas
Der Gaspreis steigt in der Grundversorgung pro Kilowattstunde von aktuell brutto 13,55 Cent auf 17,47 Cent. Das entspricht einem Plus von 3,92 Cent pro Kilowattstunde. Der jährliche Grundpreis ändert sich bei Gas von 180 Euro auf 182,28 Euro. Das sind im Monat statt bislang 15 Euro dann 15,19 Euro. Ein Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden zahlt durch die Preisanhebung insgesamt pro Monat gut 65 Euro mehr als bislang, so die EWE.
Als Gründe für die Preiserhöhungen nennt die EWE Kundenzuwachs, eine weiter angespannte Marktlage und Netzentgelte. Die EWE habe auch weiterhin einen enormen Kundenzuwachs zu verzeichnen und gleichzeitig fast keine Kundenverluste – sowohl beim Gas als auch beim Strom. Im Vergleich zur letzten Preisanpassung im Oktober sei nochmal die Anzahl der Gaskunden in der Grundversorgung stark gestiegen. Der Grund für die Kundenzuwächse: Immer mehr Kunden aus dem EWE-Heimatmarkt, die zu Wettbewerbern gewechselt waren, kündigten auch in diesem Jahr dort ihre Sonderverträge, die im Vergleich zur EWE-Grundversorgung teurer waren, und wechselten wieder in die EWE-Grundversorgung. Der Trend halte auch weiterhin an. Für diesen schwer zu kalkulierenden Kundenzuwachs müsse EWE zu den aktuellen Preisen Energie am Markt nachkaufen, während EWE für seine Bestandskunden die Energie bereits langfristig eingekauft habe. Die teure Nachbeschaffung von Strom und Gas aber treibe den Preis für alle grundversorgten Kunden in die Höhe. Auch für Bestandskunden müsse EWE zunehmend teurer einkaufen. Daran ändere auch eine witterungsbedingte Momentaufnahme im Oktober nichts, die den Gaspreis kurzfristig habe sinken lassen. Beim Strompreis komme hinzu, dass die „deutlich gestiegenen Netzentgelte“ den Strompreis zusätzlich nach oben trieben. Die Netzentgelte machten einen Anteil von rund 17 Prozent am Strompreis aus.
Ersatzversorgung teurer als Grundversorgung
Kunden aus dem EWE Heimatmarkt, die zu EWE zurückkehren, weil ihr bisheriger Versorger Insolvenz anmelden musste, überführt EWE nach eigenen Angaben gesetzeskonform zunächst in die Ersatzversorgung, und zwar für maximal drei Monate. Der Preis der Ersatzversorgung richte sich zum 1. Dezember – wie auch bei anderen Versorgern – nach den aktuellen Beschaffungskosten.
Dringend nötig sei die Entlastung der Kunden. Diese habe die EWE seit Monaten gefordert. Die Versorger müssten das aber auch umsetzen können, wird EWE-Vorstandsvorsitzender Stefan Dohler in der Mitteilung zitiert. In wenigen Wochen, noch ohne vorliegende gesetzliche Grundlage, für alle Gas-, Fernwärme- und Stromkunden komplexe Anpassungen in den Abrechnungsprozessen umzusetzen, diese in den Systemen zu programmieren, zu testen und dann für Strom mit Wirkung zum 1. Januar 2023 anzuwenden, werde vielfach faktisch unmöglich sein. „Das ist eine Zumutung der Politik, die über ein Aussetzen der Abschläge für Strom im Januar, wie im Dezember beim Erdgas, eine einfache Alternative hätte, die auch dem Realitätscheck standhält und den Wintereffekt bis März kompensiert.“ Der Staat könnte auch ein weiteres Mal ein Energiegeld auszahlen. Ab März wirke dann die reguläre Preisbremse. „Es stellt sich schon die Frage, wozu es eine Expertenkommission gab, wenn sich Politik nun rigoros über deren Empfehlungen hinwegsetzt?“
Wie passt die Erhöhung mit der Preisbremse zusammen?
Und wie passen die nun angekündigten Erhöhungen mit den geplanten Entlastungen zusammen? Auf Nachfrage teilte ein EWE-Sprecher mit, dass es bezüglich der sogenannten Bremsen für Gas- und Strompreise noch keine belastbare Grundlage gebe. Außerdem gelte nach heutigem Stand: Ein Energiepreisdeckel beim Strom und Gas bewirkt, dass der Preis für den Kunden auf ein staatlich festgelegtes Niveau beschränkt wird. Die Differenz zwischen dem staatlich festgelegten Preis und dem tatsächlichen Energiepreis wird zwischen den Versorgern und dem Staat verrechnet. Das heißt: Erhöht die EWE nun ihre Preise, steigt im Falle einer Preisbremse der Anteil, den der Staat übernehmen muss.
Gasspeicher sind voll
EWE macht im Zusammenhang mit dem staatlich vorgesehenen Entlastungspaket darauf aufmerksam, dass dieses nicht nur aus Steuergeldern finanziert wird, sondern auch durch die geplante Abschöpfung von Unternehmensgewinnen. So werde auch EWE als breit aufgestelltes Energieunternehmen über seine Beteiligung am Grünstromerzeuger Alterric, der einen signifikanten Beitrag für den Ausbau der Windenergie an Land leiste, mit einem Teil des dort erzielten Gewinns dazu beitragen, das staatliche Entlastungspaket zu refinanzieren. Damit würden jedoch der Alterric für den zügigen Ausbau der Windenergie dringend erforderliche Investitionsmittel entzogen.
Die Erdgasspeicher der EWE seien aktuell zu 100 Prozent gefüllt und der Nordwesten Deutschlands in der aktuellen Situation damit bestmöglich für die bevorstehende Heizperiode gerüstet. Ab dem Jahreswechsel sollen die an Deutschlands Küsten geplanten Flüssiggasterminals neue Gasmengen ins Land bringen. EWE engagiere sich bei der Netzanbindung des LNG-Terminals Wilhelmshaven, damit ein Teil des ankommenden Erdgases in der Region gespeichert und auch verbraucht werden könne. Weil der Leitungsneubau später grünen Wasserstoff transportieren wird, entstehe hier mitten in der Krise ein wesentlicher Grundstein für eine nachhaltige, dezentrale, sichere und klimafreundliche Energieversorgung. Um diese Aufgaben stemmen zu können ist EWE auf eine stabile wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angewiesen.