ON-Serie „Junges Ehrenamt“ Die Jugend des Dorfes liegt ihm am Herzen
Wir zeichnen junges Ehrenamt aus. Die Vorstellung der zehn Nominierten startet mit Marco Garrelts, dem Chef der Dorfjugend Wiesens. Kaum zu glauben, wo der 26-Jährige überall aktiv ist.
Aurich - Mit dem Nachnamen Garrelts liegt die Messlatte in Wiesens hoch. Bereits am Ortseingang prangt der Name in großen Lettern an dem dortigen Fuhrunternehmen. Wirft man einen Blick in die Grundschule begegnet einem Schulleiter Claus Garrelts und bei der Feuerwehr hat im vergangenen Jahr Eckhard Garrelts das Amt des Ortsbrandmeisters von Bernd Garrelts übernommen. „Die beiden sind meine Onkel zweiten Grades“, sagt er mit Blick auf Schulleiter und Ortsbrandmeister. Verstecken muss sich der 26-Jährige hinter den beiden aber nicht. Als Chef der Dorfjugend Wiesens ist er einer der Dreh- und Angelpunkte des Auricher Ortsteils. Die Jugend des Dorfes liegt ihm sprichwörtlich am Herzen.
Für das Gespräch mit den ON nimmt sich Marco Garrelts Zeit. Zeit, die eigentlich gar nicht übrig hat. „Ich bin praktisch in jedem Verein“, beginnt er vom Sportverein „SC 13 Eichen Wiesens“ zu erzählen, bei dem er aktiver Boßler ist. Hinzu kommt die Freiwillige Feuerwehr Wiesens, in dessen Ortskommando er tätig ist. Für die Kirchengemeinde Wiesens-Brockzetel sitzt er im Kirchenvorstand und spielt außerdem im Posaunenchor. Größtes Herzblut zeigt er nach eigenen Aussagen aber für die Dorfjugend. „Wenn Not am Mann ist, bin ich zur Stelle“,
Garrelts: „Das Dorf hält zusammen!“
Für das intakte Ortsleben in Wiesens ist die Dorfjugend unverzichtbar. „Das Dorf hält zusammen“, kann der Wiesenser auf insgesamt 84 Mitglieder (65 davon aktiv) zählen. Für die jungen Wiesenser ist der Weg praktisch vorgezeichnet: Nach der Konfirmation geht es in die Dorfjugend und irgendwann mit 30 ist dann wieder Schluss. „Es kommt eigentlich jeder“, spricht Garrelts davon, dass der Dorfjugendvorstand auch zum Konfirmandenunterricht geht, um sich dort vorzustellen. „Wir sind gut angesehen im Dorf. Da will man dabei sein.“
Tatsächlich spielt die Gemeinschaft der jungen Leute eine wichtige Rolle im Ort. Brauchtumsfeste wie das Osterfeuer oder das Aufstellen des Maibaums gehen auf ihr Konto. „Wir haben ein bisschen Saisongeschäft“, erzählt der Chef davon, dass es zum Jahreswechsel damit beginnt, die ausgedienten Weihnachtsbäume vom Auricher Weihnachtszauber einzuholen. „Das machen wir seit einigen Jahren“, freut sich Garrelts über eine ordentliche Basis für das Osterfeuer. Weiter geht es zu Beginn des Jahres mit „Arbeitsdiensten“ im Ort, bei denen als Beispiel Bäume gefällt oder Hecken herausgerissen werden. „Wir machen alles, was die Leute sonst nicht können“, spricht er davon, dass der Arbeitstrupp jeden Samstag unterwegs ist. „Der Verein trägt sich damit selbst“, erklärt er. Das Motto lautet somit: „Aus dem Ort – für den Ort“.
Die Mitgliedschaft beginnt mit festem Ritual
Für Neulinge beginnt die Mitgliedschaft mit einem festen Ritual: Sie werden getauft. Aufgesucht wird dazu eine alte Tränke im Grünland. Der Weg dahin wird mit dem Bollerwagen und entsprechendem Proviant zurückgelegt. „Mädchen und Jungen sind aber getrennt unterwegs“, ergänzt Garrelts. „Abends kommen wir dann wieder zum Grillen zusammen.“ Die Gemeinschaft hat in der Dorfjugend ohnehin einen großen Stellenwert. Ausdruck dessen ist auch das gemeinsame Pfingstzelten auf dem Wiesenser Kanaldeich. „Da machen alle mit“, berichtet der Dorfjugendvorsitzende von jahrzehntelangen Traditionen. „Im Prinzip sind wir ein Verein zur Brauchtumspflege.“
Davon profitiert nicht nur Wiesens. Wenn die Dorfjugend zum Osterfeuer lädt oder den Maibaum aufstellt, ist die ganze Umgebung auf den Beinen. „Das wird fast zuviel“, berichtet er von gut 700 Besuchern, die im vergangenen Jahr zum Osterfeuer in den Ort kamen. Stolz sind die Wiesenser auch auf ihren Maibaum, der mit 28 Metern Höhe der größte freistehende Maibaum Ostfrieslands ist. „Wir machen es so, wie man es von früher kennt“, setzt Garrelts dabei auf Tradition.
Hauptberuflich Bauzeichner - nebenberuflich Landwirt
Beruflich kann der Wiesenser davon auch nicht lassen. Als gelernter Bauzeichner ist er einerseits im Architektur- und Ingenieurbüro „3ing“ in Aurich angestellt, arbeitet nebenberuflich jedoch noch als Landwirt. „Ich habe den Hof meiner Großeltern übernommen“, berichtet Garrelts davon, dass er 1400 Legehennen in Freilandhaltung besitzt und die Eier über seinen Hofladen vermarktet werden. Dass für das eigene Privatleben wenig Zeit bleibt, räumt er ein.
Mit 26 Jahren geht Marco Garrelts langsam auf die 30 zu. Ans Aufhören denkt er aber nicht. „Ich mache noch weiter“, spricht er von einer echten Herzensangelegenheit, gibt aber auch zu, Kandidaten für seine Nachfolge im Auge zu haben. Auf die Frage nach politischen Ämtern im Ort antwortet er trocken: „Keine Zeit dafür.“
Goldene Pyramide
Um junges Ehrenamt zu würdigen, haben die Ostfriesischen Nachrichten und Radio Nordseewelle in Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen Lotterie „Goldene 7“ unter dem Titel „Goldene Pyramide“ einen mit insgesamt 6000 Euro Preisgeld dotierten Young-People-Award ausgerufen, der das ehrenamtliche Engagement junger Menschen (30 Jahre alt und jünger) würdigt und auszeichnet. Dazu wurden von Lesern und Hörern mehr als 80 Kandidaten nominiert, aus denen jetzt von einer Jury zehn potenzielle Preisträger ausgewählt wurden, die ab heute jeweils sonnabends in den ON vorgestellt werden. Im Anschluss daran werden ein Online- und ein erneutes Jury-Voting die Entscheidung bringen.