ON-Weihnachtsaktion 2023 Auricher bringen das Lesen bei – ihre Arbeit schrieb Erfolgsgeschichten

| | 12.12.2023 18:32 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Lesen ist nicht nur wichtig für gute Noten in der Schule, sondern macht auch Spaß. Das wollten Hinrich Schmidt (links) und Ulrich Rehwald den Kindern in der „Leseinsel“ immer vermitteln. Fotos: Romuald Banik
Lesen ist nicht nur wichtig für gute Noten in der Schule, sondern macht auch Spaß. Das wollten Hinrich Schmidt (links) und Ulrich Rehwald den Kindern in der „Leseinsel“ immer vermitteln. Fotos: Romuald Banik
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Hinrich Schmidt und Ulrich Rehwald waren jahrelang in einer „Leseinsel“ des Kinderschutzbundes Aurich tätig – mit zum Teil beachtlichen Ergebnissen.

Aurich - Vor zwei Jahren hatte Ulrich Rehwald ein besonderes Erlebnis. Eine Begegnung, die ihm vor Augen führte, dass seine Arbeit mit jungen Menschen in der „Leseinsel“ des Kinderschutzbundes Aurich Erfolgsgeschichten hervorbringt. „Ich fuhr durch Aurich, als plötzlich jemand ,Hallo, Uli!‘ rief. Ich sah zwei junge Männer mit weißem Hemd und schwarzer Hose. Sie hatten gerade ihr Abitur gemacht.“ Beiden hatte Ulrich Rehwald beim Kinderschutzbund das Lesen beigebracht. Heute studieren die jungen Männer Bauingenieurswesen in Oldenburg.

Sie gehören zu den etwa 70 Prozent der Schüler in den „Leseinseln“ mit Migrationshintergrund. Diese müssen oft zusätzlich zum Lesen eine ihnen aus dem Elternhaus wenig vertraute Sprache erlernen. Eine erhebliche Hürde.

Das Schulsystem werde nicht jedem Kind gerecht

Aber auch andere Kinder nutzen das Angebot. Das unterstreicht der Auricher Hinrich Schmidt. Auch er hat in den vergangenen Jahren zahllosen Kindern das Lesen beigebracht. „In unserer Gesellschaft gibt es viele Kinder in bildungsfernen Familien“, sagt der 77-Jährige. Das Schulsystem werde nicht jedem Kind gerecht, oft sei das Tempo zu hoch. Und meist seien die Klassen zu groß.

Der Kinderschutzbund in der Schulstraße.
Der Kinderschutzbund in der Schulstraße.

Mit dem deutschen Bildungswesen kennt sich Hinrich Schmidt aus. 36 Jahre lang war er Lehrer. An der IGS Aurich unterrichtete er Naturwissenschaften. Dabei lernte er, was für Kinder besonders wichtig ist: „Selbstwert und Selbstvertrauen.“ Und das erlangen Kinder auch durch Erfolgserlebnisse in der Schule. Die Grundlage dafür ist, Texte zu verstehen.

„Lesen ist das wichtigste Kulturgut“

„Wenn die Kinder in der Schule Erfolg hatten, erzählten sie uns das immer ganz stolz“, sagt Hinrich Schmidt. Er ist überzeugt: „Lesen ist das wichtigste Kulturgut, das es gibt“, so der pensionierte Lehrer, der sich in seiner Schullaufbahn eher mit Zahlen und Naturgesetzen beschäftigte. „Unser Ziel war es immer, Freude daran zu wecken. Ich lese gerne, meine Frau liest gerne und unsere vier Kinder auch.“ Es sei ihm ein Anliegen gewesen, diese Begeisterung weiterzugeben.

Der Kinderschutzbund – ein Überblick

Gegründet wurde der Ortsverband Aurich am 29. November 1966 mit dem Ziel, Kindern in Armut zu helfen.

Seit 1980 hat der Verein einen Standort in der Schulstraße in Sandhorst. Dort bietet er einen Treff für Kinder und Jugendliche an.

Ein Schwerpunkt sind die „Leseinseln“. Mit einer besonderen Methode wird leseschwachen Kindern geholfen.

Der Verein bietet während der Ferien Ausflüge und besondere Aktionen an.

In der Weihnachtszeit beteiligt sich der Verein an der Wunschbaumaktion in Aurich.

Der Großteil der Kosten des Kinderschutzbundes wird durch Spenden getragen. Die Stadt Aurich unterstützt den Verein. Doch das Geld reicht für die vielfältigen Aufgaben nicht aus.

Der Kinderschutzbund braucht ehrenamtliche Helfer wie Hinrich Schmidt und Ulrich Rehwald, sonst wäre die Arbeit in den „Leseinseln“ nicht möglich. Schmidt war von 2011 bis zum vergangenen Sommer aktiv, Rehwald von 2012 bis 2018. Sie waren die einzigen Männer in den „Leseinseln“, was in einer Hinsicht ein Vorteil gewesen sei: Sie hätten einen anderen Zugang zu den Jungen mit Migrationshintergrund gehabt. „Einige der Jungs ließen sich von Frauen nichts sagen, von uns aber schon“, sagt Ulrich Rehwald. „Wir haben ihnen vorgelebt, wie man mit Frauen respektvoll umgeht.“ Das sei zwar eine Selbstverständlichkeit in unserer Gesellschaft, nicht aber in allen Familien, aus denen die Kinder kommen.

Schöne Erlebnisse motivierten die Ehrenamtlichen

Voller Begeisterung erzählt Ulrich Rehwald von den schönen Erlebnissen, die er bei der Arbeit in den „Leseinseln“ hatte. Ein Junge las in der Schule das Gedicht „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ und tat sich damit schwer. „Ich gab den Rat: Wenn im Gedicht geflüstert wird, dann flüstere du auch. Eine Woche später kam der Junge freudestrahlend zu mir und sagte: ,Ich habe eine Eins bekommen‘.“

Die Unterlagen helfen den Kindern, die Buchstaben des Alphabets zu lernen.
Die Unterlagen helfen den Kindern, die Buchstaben des Alphabets zu lernen.

Erlebnisse wie dieses motivierten die beiden Ehrenamtler über Jahre für die Arbeit beim Kinderschutzbund. Mittlerweile haben sie jüngeren Menschen das Feld überlassen. Und die, so sind sie sicher, leisten eine unschätzbar wichtige Aufgabe.

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