Meinung Auf der Wut-Welle ins EU-Parlament

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Ein Kommentar von Stephan Schmidt
| 15.06.2024 09:51 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
Anja Arndt zieht für die AfD ins Europaparlament. Foto: DPA
Anja Arndt zieht für die AfD ins Europaparlament. Foto: DPA
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Anja Arndt will Europa im Sinne einer Union bekämpfen und zieht ins Europaparlament. Sie ist damit ein typischer Teil der AfD – und profitiert von einem unseligen Trend. Ein Kommentar.

Ins Europa-Parlament zieht ausgerechnet eine Ostfriesin ein, die Europa im Sinne einer Union bekämpfen will. Man darf davon ausgehen, dass Anja Arndt aus Nortmoor in Brüssel vor allem eines machen wird: gegen die EU agitieren, während sie dabei Diäten kassiert, die ihr die europäischen Steuerzahler finanzieren.

Was wie purer Eigennutz erscheint, hat Methode. Wer demokratische Institutionen unterhöhlen will, macht das am effektivsten als Teil des demokratischen Systems. Arndt ist insofern lediglich ein typischer Teil der AfD.

Für die Öffentlichkeit ist sie ein Phantom

Anja Arndt ist für die Öffentlichkeit ebenso ein Phantom wie viele andere gewählte Vertreter ihrer Partei. Politische Erfahrung hat sie wenig. Das spielte am Sonntag ohnehin keine Rolle. Arndt wurde auf der bundesweiten Wut-Welle ins Plenum gespült. Nach ihrer Wahl stand sie Journalisten noch nicht einmal für ein Statement zur Verfügung.

Die AfD nutzt stattdessen geschickt andere Kanäle – unter anderem Social Media, wo die eigene Sicht der Dinge und auch Falschinformationen ungeprüft an die potenzielle Wählerschaft gesendet werden kann. Das fällt auf fruchtbaren Boden – nicht nur, aber auch bei jungen Leuten.

„Nazi“ ist das Unwort des Wahlkampfs

Arndt und die gesamte AfD gefallen sich in der Rolle der Ausgegrenzten. Insofern kann man ihnen keinen größeren Gefallen tun, als sie anzupöbeln. Lars Klingbeil (SPD) war nur das jüngste Beispiel eines unseligen Trends: „Nazi“ ist das Unwort des Wahlkampfes und dessen Nachlese. Wer der AfD und ihren Wählern dieses Etikett aufdrückt, hat keine Argumente mehr. In Deutschland gibt es – zumindest in politischer Sicht – keine Steigerung dieser Schmähung.

Nazis: Das sind Anhänger des Nationalsozialismus, der für Auschwitz, die Ermordung von sechs Millionen Juden und den schlimmsten Krieg der Menschheitsgeschichte verantwortlich war. Es ist eine Form der Verrohung der Diskussionskultur, wenn ein solcher Vergleich mit der AfD gezogen wird. Von der CDU und der SPD wanderten jeweils rund 570.000 Wähler zur AfD. Alles plötzlich Nazis?

Arndt zieht deswegen ins Parlament ein, weil mittlerweile jede Wahl eine Bundestagswahl ist. Es ging am Sonntag nicht um Europa. Es war eine Abrechnung mit der „Ampel“. Auch diese Form der Gleichmacherei ist alles andere als ein positiver Trend in Deutschland.

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