Meinung Die Zentralklinik – ein Finanzdebakel mit Chancen

|
Ein Kommentar von Matthias Hippen
| 22.06.2024 09:57 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
So soll sie aussehen, die geplante Zentralklinik in Uthwerdum. Grafik: Trägergesellschaft
So soll sie aussehen, die geplante Zentralklinik in Uthwerdum. Grafik: Trägergesellschaft
Artikel teilen:

Die geschätzten Baukosten für die Zentralklinik haben sich vervielfacht. Das ist bitter. Aber möglicherweise sind die Kosten nicht der wichtigste Punkt. Ein Kommentar.

Eines steht wohl schon jetzt fest: Die für Uthwerdum geplante Zentralklinik wird zum Finanzdebakel. Die ursprünglich auf 250 Millionen Euro geschätzten Baukosten haben sich auf jetzt 822 Millionen Euro vervielfacht. Die Kosten für die Infrastruktur nicht eingerechnet.

Funktionieren soll es trotzdem. Wenn sich die Patientenzahl von jetzt 30.000 auf 60.000 verdoppelt. Wenn die Fallschwere, nach der die Krankenkassen die Behandlungen bezahlen, deutlich erhöht wird: Von aktuell 14.600 sogenannten Case-Mix-Punkten in Aurich und 9800 in Emden auf künftig 30.000. Vor dem Kreistag in Aurich und dem Stadtrat in Emden wurde von ambitionierten Zielen gesprochen. Aber möglicherweise sind die Kosten nicht der wichtigste Punkt.

Die Zentralklinik ist wohl nicht mehr aufzuhalten

Sowohl der Auricher Kreistag als auch der Emder Stadtrat stimmten mehrheitlich für den Bau. Keiner kann später sagen, dass er es nicht gewusst hat, wenn die Kosten weiter nach oben klettern, wenn auch die neue Klinik defizitär arbeitet. Aber die Politik hatte kaum keine andere Wahl. Der Zentralklinikzug rollt schon lange und ist wohl nicht mehr zu stoppen. Das wäre vermutlich auch der falsche Ansatz.

Am Ende geht es um die medizinische Versorgung der Menschen. Klar dürfen die Kosten dabei nicht weiter aus dem Ruder laufen. Aber es ist nicht der richtige Weg, wenn Buchhalter das alleinige Sagen haben.

Den Menschen in den Mittelpunkt stellen

Die neue Klinik bietet Chancen. Sie könnte Therapien anbieten, die auf die Bedürfnisse einer modernen Gesellschaft ausgerichtet sind. Die Krankheitsbilder haben sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert, es gibt neue Herausforderungen. Die Klinik muss auf eine zunehmend alternde Gesellschaft ausgelegt sein.

Die Klinik muss ihr Augenmerk aber nicht nur auf die Behandlung, sondern auch auf die Pflege richten. Krankenschwestern und -pfleger benötigen mehr Zeit für die Patienten. Das fördert die Genesung. Dann wächst das Vertrauen in die Klinik. Wenn sich das Großkrankenhaus mit Blick auf den weiter zunehmenden Mangel an niedergelassenen Ärzten in der Region besser vernetzt und Zusammenarbeit anbietet – ja, dann kann möglicherweise auch das „ambitionierte“ Ziel von 60.000 Patienten erreicht werden. Dies würde allerdings eine Medizin erfordern, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt – und nicht die Zahlen.

Ähnliche Artikel