Tierarzt auf Norderney Ein Doktor für das ganze Inselvieh

Doris Zuidema
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Von Doris Zuidema
| 28.09.2024 12:03 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Schau mir in die Augen: Dr. Karl-Ludwig Solaro untersucht das entzündete Auge der englischen Bulldogge „Müsli“. Unterstützung bekommt er dabei von der Tiermedizin-Studentin Hannah Bittner, die derzeit ein Praktikum bei dem Veterinär macht. Fotos: Ortgies
Schau mir in die Augen: Dr. Karl-Ludwig Solaro untersucht das entzündete Auge der englischen Bulldogge „Müsli“. Unterstützung bekommt er dabei von der Tiermedizin-Studentin Hannah Bittner, die derzeit ein Praktikum bei dem Veterinär macht. Fotos: Ortgies
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Wenn Bello im Urlaub krank wird, sind Haustierhalter auf Norderney fein raus. Auf der Insel gibt es einen Tierarzt. Ob groß, ob klein, ob wild: Dr. Karl-Ludwig Solaro behandelt alle Tiere.

Norderney - Norderney ist ein prima Urlaubsziel für Haustierhalter. Hier können Hunde an drei Extra-Stränden herumtollen. Und wenn Bello oder Fiffi hier mal krank werden, gibt es einen Inseltierarzt vor Ort, an den man sich ruck zuck wenden kann. Ob groß, ob klein, ob wild: Dr. Karl-Ludwig Solaro behandelt sie alle, vom Pferd mit Kolik über das kränkelnde Meerschweinchen bis hin zur verletzten Möwe.

Heute ist „Müsli“ an der Reihe. Geduldig lässt die englische Bulldogge die Untersuchung über sich ergehen. Ihr Auge ist knallrot und entzündet. Auch das andere Auge ist angegriffen. Dr. Solaro verschreibt Augentropfen und gibt dem Besitzer Alexander Günther noch ein paar Tipps mit auf den Weg. Der Norderneyer und seine Frau Réka Borbás sind froh über die gute tierärztliche Versorgung auf der Insel.

Hannah Bittner und Dr. Karl-Ludwig Solaro kümmern sich auch um Dackel Mi. Foto: Ortgies
Hannah Bittner und Dr. Karl-Ludwig Solaro kümmern sich auch um Dackel Mi. Foto: Ortgies

Urlauber-Tiere sind meistens Hunde

„Wenn ich die Tiere von Urlaubern behandele, sind das meistens Hunde“, sagt Dr. Solaro. Katzen oder Vögel würden für gewöhnlich nicht mit in die Ferien genommen, Hunde dagegen seien die treuen Begleiter ihrer Menschen. Was ihn allerdings erstaunt, ist, dass manche Gäste sich nicht im Vorfeld erkundigen, ob sie ihr Tier auch mit in die Unterkunft nehmen können. „Auf manchen Campingplätzen ist das nicht erlaubt, und in einigen Hotels und Ferienwohnungen auch nicht“, sagt Dr. Solaro. Doch auch für sie hat der Tiermediziner eine Lösung parat. Die Tiere können in einer Hundepension unterkommen, die Solaros Frau Katrin betreibt.

Früher war er Tierarzt für alle ostfriesischen Inseln

Bis vor einigen Jahren war Dr. Karl-Ludwig Solaro der einzige Tierarzt für alle ostfriesischen Inseln. Mit seiner gesamten Ausrüstung, darunter Spritzen, Röntgengerät und Zahnbesteck, reiste er mit dem Motorboot oder einem kleinen Flugzeug zu den Nachbarinseln, um beispielsweise Pferde mit Zahnschmerzen zu versorgen, Verletzungen nach einem Reitturnier zu behandeln oder deren Fohlen auf die Welt zu bringen. Eine aufwändige Angelegenheit und viel Schlepperei für den Veterinär.

Froh, dass er nicht mehr so viel schleppen muss

„Ich bin froh, dass ich das seit etwa vier Jahren nicht mehr machen muss“, sagt Dr. Solaro und erläutert, warum. Für die Insel Borkum hat er eine junge Tierärztin gefunden, die dort für ihn in seiner Praxis als Angestellte arbeitet. Alle anderen Inseln, wie beispielsweise Baltrum, Juist und Spiekeroog, waren bis vor einigen Jahren tideabhängig und daher nur zu ganz bestimmten Zeiten vom Festland aus zu erreichen. „Durch den Einsatz der Schnellfähren ist das jetzt anders, so dass die Juister oder Spiekerooger kurzerhand einen Tierarzt vom Festland rüberkommen lassen können.“ Die tierärztliche Versorgung sei also auch auf diesen Insel gewährleistet, betont er.

„So lange es mir noch Spaß macht, arbeite ich weiter“, sagt der 67-Jährige. Seine Frau, ebenfalls Tierärztin, sowie zwei Tiermedizinische Fachangestellte unterstützen ihn dabei. Die Sprechzeit am Vormittag ist zwischen 10 und 12 Uhr zwar relativ kurz, die Tiermediziner sind aber über eine Rufumleitung telefonisch stets erreichbar und sprechen Termine nach Vereinbarung ab.

Außerdem bildet Dr. Solaro von Frühjahr bis Herbst Tierärzte im Praktikum aus, wie derzeit die 27-jährige Hannah Bittner, die im 11. Semester Tiermedizin in München studiert. Seit zweieinhalb Wochen ist sie auf Norderney und hilft auch mit bei der Behandlung von „Müsli“. Sie fühlt sich „glücklich im Norden“, möchte sich aber später auf Groß- oder sogar Wildtiere spezialisieren. Mit der Behandlung von Raubkatzen hat sie in Afrika bereits erste Erfahrungen gesammelt. Angst, dass sie nicht genug Kraft hat, um große Tiere zu behandeln, hat Hannah Bittner nicht. „Das ist eine Frage der Technik“, sind sich Bittner und Solaro einig.

Wildtiere müssen in die Praxis gebracht werden

„Wilde Tiere behandele ich nur, wenn sie in meine Praxis gebracht werden können, beispielsweise verletzte Vögel“, erläutert der Inseltierarzt. „Wenn ein Urlauber am Strand einen blutenden Seehund entdeckt, muss er sich an die Jägerschaft wenden. Die bringt das verletzte Tier dann zur Seehundstation in Norddeich.“

Bevor „Müsli“ die Praxis verlässt, kommt die Bulldogge noch auf die Waage, ebenso wie ihr gleichrassiger Kumpel „Snow“. Das Gewicht der Hunde ist zufriedenstellend. Und das mit „Müslis“ Augen? „Das müsste mit den Augentropfen innerhalb der nächsten Tage besser werden“, sagt der Inseltierarzt.

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