Gesundheitsversorgung in Ostfriesland Die Zentralklinik – ein finanzielles Pulverfass
Beim Spatenstich für die Zentralklinik werden sich die Festredner von Land und Kreis auf die Schultern klopfen. Doch das eigentliche Risiko tragen Kommunen wie die Stadt Aurich. Ein Kommentar.
Seit dieser Woche steht der Termin für den ersten Spatenstich der Zentralklinik in Südbrookmerland fest. Es ist der 18. November. Dann, so darf man wetten, werden sich Vertreter der Landesregierung, des Landkreises Aurich und der Stadt Emden gegenseitig zu ihrer Entscheidung ausgiebig beglückwünschen. In einer Pressemitteilung wurde das schon vorab getan: Die Trägergesellschaft spricht darin von einem „wegweisenden Projekt, das die Gesundheitsversorgung deutlich verbessern wird“. Was zu beweisen wäre. Aber selbst, wenn das eintritt: Es wird auch ein beispiellos teures Projekt. Eines, das nicht das Land oder den Landkreis, sondern die Kommunen an ihre finanzielle Belastungsgrenze und darüber hinaus befördern könnte. Denn die Städte und Gemeinden sind es, die über die Kreisumlage das eigentliche Risiko tragen. Sie werden massiv zur Kasse gebeten, das ist schon jetzt sicher. Es kann noch schlimmer kommen. Und das in einer Zeit, in der die Lage bereits heute beispiellos düster ist.
Die finanzielle Lage ist schlecht wie nie
Zum Beispiel in der Stadt Aurich. Im kommenden Jahr wird das Minus dort bei mehr als 20 Millionen Euro liegen. Sollten sich die Prognosen bewahrheiten, sind die Rücklagen aus den fetten Enercon-Jahren in vier Jahren aufgebraucht. Dann geht es ans Eingemachte. So schlimm wie derzeit sei es finanziell in Aurich noch nie gewesen, sagte kürzlich Bürgermeister Horst Feddermann (parteilos). Er zeigte sich entsetzt. „Mir fehlen die Worte“, sagte er. „Der Haushalt schmiert ab.“ Bei der Stadt Emden sieht es ähnlich aus. Und auch der Kreis Aurich selbst rechnet im kommenden Jahr mit einem Rekord-Minus von 35 Millionen Euro.
Kommunen müssen sich Geld vom Mund absparen
Es geht um Geld, das sich die Kommunen vom Mund absparen müssen. Bei den Haushaltsberatungen in den Stadt- und Gemeinderäten wird deutlich, dass es nicht nur um Zahlen geht. Es geht um Kitas, Schulen, Feuerwehren, Vereine oder Kultureinrichtungen. Es geht um Menschen und lebenswerte Kommunen.
Das Risiko war 2013 beim Projektstart mit einer Schätzung von 200 Millionen Euro noch überschaubar. Heute liegt die Summe beim Vierfachen und bewegt sich bedrohlich auf die Milliarde zu. Es ist ein Pulverfass – trotz der zugesagten 80-Prozent-Förderung des Landes. Auf diesem sitzen die Kommunen und ihre Bürger.