Krise bei Volkswagen Arbeitnehmervertreter sprechen von „dreistem Griff in den Geldbeutel“
Die von VW geforderte Lohnsenkung schädigt laut Betriebsrat und IG Metall die Beschäftigten und sei kein gangbarer Weg. Immerhin sei ein Gesprächsabbruch aber abgewendet worden.
Wolfsburg/Emden - Nach der Arbeitgeberseite haben sich am Mittwochabend nach der zweiten Verhandlung über den Haustarifvertrag bei Volkswagen auch der Betriebsrat und die IG Metall zu Wort gemeldet. Nachdem zu Beginn der Woche von Werkschließungen und der Streichung Tausender Stellen die Rede gewesen war, forderte das Unternehmen am Mittwoch in den Verhandlungen eine Lohnsenkung von zehn Prozent, eine Nullrunde für die Tarifgespräche 2024, Die Streichung der monatlichen tariflichen Zulage in Höhe von 167 Euro sowie eine deutliche Kürzung der Tarif-Plus-Boni. Außerdem soll das Jubiläumsgeld für 25 und 35 Jahre gestrichen und deutlich weniger ausgebildet werden.
Die Arbeitnehmervertreter bewerten dies einer Mitteilung zufolge als Zeichen, dass mit Unterstützung des Vorstandes zumindest der Versuch unternommen werden kann, einen für alle Seiten gangbaren Weg ohne Fabrikensterben und Massenentlassungen zu suchen – falls dabei die Kostenziele erreicht werden. Der Vorstand wolle aber von der nach seiner Meinung bestehenden Notwendigkeit für Kostenoptimierungen auch nicht abrücken.
Betriebsrat: Alle Krisen bisher zusammen gemeistert
Nach Agenturberichten sagte die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo, dass jede Krise bei VW immer gemeinsam mit dem Betriebsrat und der IG Metall gemeistert worden sei. „Und genau diesen Weg möchten wir einschlagen.“ Auch der Betriebsrat verkenne nicht, „dass wir in einer schwierigen Lage sind“. Dieser Situation wolle man auch Rechnung tragen. Es gehöre aber sehr viel mehr dazu, als über Arbeitskosten und Fabrikkosten zu sprechen.
Thorsten Gröger, der Verhandlungsführer der IG Metall, wird von der DPA so zitiert: „Diese Giftliste, die Volkswagen uns da vorgelegt hat, die ist relativ lang.“ Die von VW geforderte Lohnsenkung „wäre natürlich ein dreister Griff in den Geldbeutel der Beschäftigten und kein gangbarer Weg. Das sind keine Linien, die wir mitgehen können.“
Cavallo: Startschuss für einen Marathon
Cavallo begrüßte, „dass die Arbeitgeberseite nun endlich mit konkreten Inhalten um die Ecke gebogen ist. Jetzt liegt wenigstens etwas auf dem Verhandlungstisch – auch wenn das meilenweit von unseren Vorstellungen entfernt ist.“ Werkschließungen und Massenentlassungen seien aber nach wie vor nicht vom Tisch. Sie warne davor, die Gespräche am Mittwoch als eine erste Annäherung zu interpretieren. Es sei allenfalls der Startschuss für einen Marathon gefallen, bei dem nun endlich beide Seiten verstanden hätten, dass sie gemeinsam durchs Ziel müssen.
Laut Thorsten Gröger, Verhandlungsführer der IG Metall sei „dieses grundsätzliche, wenn auch schwache Signal“ von VW die Mindestbedingung
gewesen, damit die IG Metall überhaupt noch am Verhandlungstisch bleibt. „Anderenfalls hätten wir die Gespräche abgebrochen“, so Gröger.
Cavallo betonte, dass der Betriebsrat und die IG Metall sich nicht erpressen ließen.
Die Tarifpartner setzen nun sogenannte technische Kommissionen ein. Die analysieren nach Mitteilung der IG Metall bis zur nächsten Verhandlung am 21. November die Themen Entgelt, Ausbildung und Leiharbeit und leiten daraus Zukunftsansätze ab.