Meinung Das Problem des „blauen“ Platzhalters


Unbekannt, keine Politikerfahrung, keinen Bezug zum Wahlkreis – und dennoch 20 Prozent der Erststimmen: Das starke Ergebnis von Arno Arndt (AfD) zeigt ein Problem auf. Ein Kommentar.
Viel Frust verspürten in dieser Woche zumindest zwei Direktkandidaten im Wahlkreis Aurich-Emden. Da ist vor allem Dr. Joachim Kleen (CDU) zu nennen. Der Kreisvorsitzende aus Großheide verpasste den Sprung ins Parlament. Sein Landeslistenplatz reichte trotz des Wahlsieges seiner Partei nicht. Der andere ist Detlev Krüger, parteiloser Bewerber aus Südbrookmerland. Besonders verbittert zeigte dieser sich über das starke Erststimmenergebnis des AfD-Kandidaten Arno Arndt. Der lag in Krügers Heimatgemeinde deutlich vor ihm und im Gesamtergebnis nur knapp hinter Kleen.
Der Frust ist verständlich. Er offenbart ein Problem mit der AfD. Es ist eine Partei, die zumindest in Ostfriesland selbst zwölf Jahre nach ihrer Gründung fast unsichtbar geblieben ist und dennoch mit jeder Wahl Stimmengewinne verbuchen kann.
Das gilt auch für ihren Kandidaten Arndt. Der erhielt jede fünfte Erststimme in einem Wahlkreis, in dem er sich kaum blicken ließ, über den er in der ON-Serie nicht in der Lage war, irgendetwas Positives zu sagen. Denn er kannte als Einwohner der Gemeinde Nortmoor im Landkreis Leer die hiesigen Verhältnisse schlichtweg zu wenig. Arndt war als Ehemann der ostfriesischen AfD-Kreisvorsitzenden und Europaabgeordneten Anja Arndt eigentlich nur der „blaue“ Platzhalter im Wahlkreis Aurich-Emden – getreu dem Parteiziel, in jedem Wahlkreis einen eigenen Kandidaten aufzustellen, selbst wenn dieser keinerlei Bezug zu diesem Wahlkreis hat. Arndt hat keine politische Erfahrung gesammelt, weder in einem Gemeinde- noch in einem Stadtrat. Aber das ist zum Teil vermutlich auch das, was viele AfD-Wähler wollen: Das „System“ der „Altparteien“ soll einmal richtig aufgemischt werden. Konstruktive Politik sieht jedoch anders aus.
Dass eine Direktwahl einen Sinn hat, zeigen deutschlandweit jedoch viele Beispiele, in denen Kandidaten deutlich besser als ihre Partei abschnitten. So war es auch bei Johann Saathoff. Die SPD holte im Wahlkreis 28,6 Prozent, was gegenüber dem Bundesergebnis durchaus beachtlich ist. Saathoff selbst überbot das jedoch mit 41,2 Prozent noch einmal deutlich. Offensichtlich gibt es noch Wähler, die nicht nur auf die Parteizugehörigkeit achten, bevor sie ihr Kreuzchen machen.